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Artikel veröffentlicht am 13.02.2024 um 06:00 Uhr
Das sagt der Doc: Was sind eigentlich die Hamstringsehnen?
Jeder Fußballer kennt die „Adduktorenzerrung“, die manchmal schmerzhaft zur Trainings- und Spielpause zwingt. Aber es gibt noch andere Muskelgruppen, die auch immer wieder echte Probleme bereiten können …
Von Prof. Dr. med. Roland Biber (Chefarzt der Unfallchirurgie der DR. ERLER KLINIKEN in Nürnberg)
fussballn.de
Die sogenannte „ischiokrurale“ Muskulatur heißt deswegen so, weil sie sich vom Sitzbein des Beckenknochens (lateinisch „Os ischium“) über Hüft- und Kniegelenk hinweg bis zum Unterschenkel (lateinisch „crus“) erstreckt. Diese auch als „Hamstrings“ bezeichnete Muskelgruppe besteht an sich aus drei Muskeln (M. biceps femoris, M. semitendinosus und M. semimembranosus), die am Becken mit einer gemeinsamen starken Sehne ansetzen – die Fläche des Sehnenursprungs wird mit 2,7 ×1,8 cm angegeben.      

Wichtige Funktion beim Laufen, aber auch Verletzungsanfälligkeit

Durch das Überspannen zweier Gelenke haben die Hamstrings eine interessante Funktion: Im Hüftgelenk führen sie zur Streckung, während sie gleichzeitig im Kniegelenk eine Beugung verursachen. Umgekehrt gesehen kommen Hamstrings unter Spannung, wenn gleichzeitig die Hüfte gebeugt und das Knie gestreckt wird: Es handelt sich genau um die Muskeln, die bei vielen von uns zu unangenehm ziehen, wenn wir uns im Langsitz dehnen oder im Liegen das gestreckte Bein hochheben. Eine weitere Besonderheit ist die Fähigkeit zur kontrollierten Dehnung unter Muskelanspannung („exzentrische Kontraktion“). Durch diese ganz besondere Konstruktion haben die Hamstrings eine wichtige Funktion beim Laufen.  

Leider ergibt sich dadurch aber auch eine gewisse Verletzungsanfälligkeit: Eine plötzliche Dehnung der Hamstrings bei gleichzeitiger Kontraktion kann zur Ruptur führen, wobei es sich dabei meist um einen Abriss der Sehne vom Beckenknochen handelt. Es kommt dann oftmals zu deutlicher Schwellung und Bluterguss; die Schmerzen sind aber unterschiedlich stark ausgeprägt, und die meisten Patienten können spätestens nach einigen wenigen Tagen wieder recht gut laufen.

Die Diagnostik ist nicht ganz leicht; neben der klinischen Untersuchung kommt auch die Sonografie infrage. Ein sicherer Nachweis oder Ausschluss eines Hamstring-Abrisses gelingt oftmals nur mittels MRT. Daher wird die Verletzung auch leicht übersehen bzw. als „Muskelfaserriss“ fehlgedeutet.

Was tun beim Sehnenabriss?

Man kann – je frühzeitiger, desto besser – die abgerissene Sehne über einen Schnitt in der Glutealfalte (Übergang Pobacke zum Bein) wieder an der Ausrisstelle am Beckenknochen fixieren, wo diese dann auch wieder anwächst. Ob dieser Eingriff sinnvoll ist, hängt von Beschwerden und Leistungsanspruch des Patienten ab. Wenn es sich nur um eine Teilruptur handelt oder die Sehne kaum zurückgezogen ist, wird eine Behandlung ohne Operation meist sinnvoller sein.

In den letzten Jahren hat sich aber herausgestellt, dass ein nicht geheilter Hamstring-Abriss schon zu Dauerproblemen führen kann, etwa zu Muskelschwäche und Muskelkrämpfen sowie teils beträchtlichen Funktionsstörungen beim Laufen insbesondere bergauf und bergab. Deswegen sind es in den letzten Jahren durchaus nicht nur junge Patienten, die sich wegen eines Hamstringabrisses operieren lassen.

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Über den Autor

Prof. Dr. med. Roland Biber
Ärztlicher Direktor DR. ERLER KLINIKEN
Apl. Prof. für Orthopädie und Unfallchirurgie der PMU Salzburg
Chefarzt Klinik für Unfallchirurgie
Facharzt für Chirurgie
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie
Zusatzbezeichnung Spezielle Unfallchirurgie, Sozialmedizin, Sportmedizin, Notfallmedizin
Zusatzbezeichnung Klinische Akut- und Notfallmedizin

Telefon:
0911/ 27 28–202
E-Mail: unfallchirurgie@erler-klinik.de

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