Die Vorzeichen waren klar: Neudrossenfeld musste nach dem 1:1 im Hinspiel möglichst gewinnen. Denn auf ein 0:0 zu hoffen, war TSV-Coach Detlef Hugel zu unsicher. Von daher galt es eben, ein Tor mehr als die Gäste zu erzielen. Das würde zum Weiterkommen reichen. "Kontrollierte Offensive" hieß daher das Motto. Die zweite Halbzeit im Hinspiel machte dem Bayernligisten Hoffnung, auch wenn Detlef Hugel das 1:1 in der Nachbetrachtung als "gefährliches Ergebnis" bezeichnete. Um mehr Torgefahr bei Standards zu erzeugen, brachte er den groß gewachsenen Carsten Hahn von Beginn an als linken Außenverteidiger. Steven Moore musste dafür auf die Bank. Die einzige Änderung in der Startelf im Vergleich zum Spiel am vergangenen Mittwoch. Die Gäste nahmen ebenfalls eine Änderung vor: Für Felix Edelmann begann Rico Raithel als Mallik-Vertreter in der Innenverteidigung. Eine Position, die der Sechser unter Trainer Markus Häßler schon in Steinbach gespielt hatte. Am Spielsystem änderten beide Trainer ansonsten nichts und ließen ihre Teams im gewohnten 4-2-3-1 auflaufen.
Immer wieder gefährlich über die Flügel: Daniel Cavelius steht sich gegen TSV-Kapitän Steffen Taubenreuther (grün) durch.
Thomas Nietner
Dass für beide Teams viel auf dem Spiel stand, war beiden Mannschaften in den ersten Spielminuten anzumerken. Erst einmal nicht allzu viel riskieren, Sicherheit gewinnen und sich keinen Fehler leisten. Denn schon ein Fehler konnte schließlich heute die Entscheidung über die Ligazugehörigkeit bedeuten. "Abtasten" nennt man das im Fußball. Die Gäste versuchten dabei, im Spielaufbau aus einer Dreierkette heraus über Sechser Julian Rietsch das Spiel zu eröffnen. Dadurch wollte man im Mittelfeld Überzahl herstellen. Der Nachteil: Bei Ballverlust boten sich der Heimelf mehr Räume. Und tatsächlich: Gleich den ersten Fehler nutzte der Bayernligist in der neunten Spielminute zur frühen Führung aus, als SpVgg-Kapitän Markus Bächer den Ball an der Mittellinie verlor. Marco Dießenbacher und Timo Jahrsdörfer schalteten blitzschnell, so dass der TSV-Sturmtank alleine auf Keeper Mario Möschwitzer zulaufen konnte. Das Geschenk ließ sich der ehemalige Hollfelder natürlich nicht nehmen und netzte cool ein. Das sollte der Heimelf Sicherheit verleihen. Denn nun hätten die Gäste schon zwei Treffer zum Weiterkommen benötigt. Ein Treffer hätte nur für die Verlängerung gereicht. Aber die Frankenwäldler zeigten sich unbeeindruckt von dem Gegentreffer und legten vielmehr den Vorwärtsgang ein. Und wie! Die Elf von Markus Häßler wurde in der Folgezeit immer stärker und verlagerte das Spielgeschehen überwiegend in die Hälfte der Gastgeber. Mit teilweise schönen Kombinationen spielte man sich den Weg in den Strafraum frei. Dabei nutzte man immer wieder die Räume in der Neudrossenfelder Abwehr aus. Der Bayernligist zeigte sich nach dem Führungstreffer verunsichert, verlor die Ordnung und stand oftmals zu weit vom Gegner entfernt. Vor allem SpVgg-Spielmacher Fabian Elbl, Rechtsaußen Daniel Cavelius und Torjäger Markus Bächer bereiteten den Grün-Weißen immer wieder Kopfzerbrechen. Doch richtig zwingend wurde es anfangs noch nicht. Vielmehr auf der Gegenseite: Durch einen erneuten Fehler im Spielaufbau tauchte urplötzlich TSV-Angreifer Kevin Diwerski völlig frei vor dem Selbitzer Tor auf. Das hätte das 2:0 sein müssen, doch der Stürmer scheiterte am aufmerksamen Keeper Mario Möschwitzer. Statt 2:0 hieß es dann wenig später 1:1. Wie das? Daniel Cavelius konnte sich am linken Flügel durchsetzen, seine Flanke konnte Markus Bächer im Strafraum annehmen und legte auf Fabian Elbl ab. Der SpVgg-Spielmacher glich mit einem flachen Schuss aus zentraler Position aus. Ein herrlicher Spielzug, der die Gäste wieder zurück ins Spiel brachte. Verdient war der Ausgleich allemal, da die Begegnung bis dahin fast nur eine Richtung kannte. Damit aber noch nicht genug, denn nur fünf Spielminuten später erhöhte Außenverteidiger Fernando Redondo nach einem Elbl-Freistoß per Fallrückzieher auf 2:1. Was für ein Treffer des 24-Jährigen, der dabei aber auch von einem Missverständnis zwischen TSV-Keeper Tobias Grüner und seinen Vorderleuten profitierte. So einen Treffer macht der Rechtsverteidiger dennoch nicht jeden Tag! Die Häßler-Elf hatte sich binnen einer halben Stunde somit für ihren bärenstarken Auftritt belohnt. Das Konzept der Gäste war aufgegangen. So sah es auch der Selbitzer Co-Trainer Volker Brendel in der Halbzeitpause: "Das Gegentor war natürlich blöd. Aber wir haben eine überragende Reaktion gezeigt. Unser Plan ist aufgegangen."
Lorenz Hofmann (grün) fand immer besser in die Partie. Yannick Schuberth blieb da nur das Nachsehen.
Thomas Nietner
Detlef Hugel brachte nach der Halbzeit Stürmer Ertac Tonka für den glücklosen Kevin Diwerski. Mehr Torgefahr sollte sich zwar nicht unmittelbar einstellen, aber wenigstens konnte die Heimelf die Partie nun wieder ausgeglichen gestalten, nachdem man in der ersten Hälfte zunehmend unter Druck geraten war. Aber noch blieben die Angriffsbemühungen eher zaghaft, da die Gästeabwehr um Innenverteidiger Andre Keilwerth sicher stand. Die Hausherren machten es der Spielvereinigung aber auch nicht allzu schwer, zu oft versuchte man es mit hohen Chipbällen. Kein probates Mittel gegen den groß gewachsenen Abwehrchef der Gäste. So hätte man sich im TSV-Lager natürlich umso mehr über einen Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Patrick Hanslbauer gefreut, als Yannick Schuberth Timo Jahrsdörfer an der Strafraumgrenze rempelte und zu Fall brachte. Weiterspielen entschied der Unparteiische. Eine zumindest strittige Entscheidung! Das führte den Gästen offenbar noch einmal vor Augen, wie knapp das Ergebnis war, so dass man nun mit dem dritten Treffer die Entscheidung herbeiführen wollte. Aber Markus Bächer verzog nach knapp einer Stunde knapp, und auch Fabian Elbl hatte fünf Minuten später Pech im Abschluss. Das hätte schon die Entscheidung sein können, wenn nicht müssen. Für die Hausherren war es aber der Weckruf zur Schlussoffensive, die Detlef Hugel mit der Einwechslung von Daniel Meyer, dem torgefährlichsten TSV-Akteur, einläutete. Nun entwickelte die Heimelf auch endlich Torgefahr, da auch der im Hinspiel so starke Lorenz Hofmann aufdrehte. Daniel Meyer, Lorenz Hofmann und Jahrsdörfer kamen zu guten Gelegenheiten. Aber Selbitz hielt dagegen und hatte mit Mario Möschwitzer auch einen sicheren Rückhalt. Als der Schlussmann aber gegen Sebastian Lattermann Kopf und Kragen riskierte, forderten die Hausherren zum zweiten Mal Elfmeter, doch erneut blieb die Pfeife des Schiedsrichters stumm. Vertretbar, da der Keeper wohl den Ball spielte. Im Gegenzug hätte Daniel Cavelius einen der nun wenigen Gegenstößen der Gäste, bei denen die Kräfte nachließen, fast zum dritten Treffer genutzt. Sein Schuss strich jedoch knapp über die Latte. Hätte er mal getroffen, dann wäre seiner Elf das Zittern in der Schlussphase erspart geblieben. Denn nach dem späten Ausgleich durch Ertac Tonka wurde es noch einmal richtig eng. Spätestens als Rico Raithel Ertac Tonka im Strafraum am Knöchel traf, schien das Glück der Gäste aufgebraucht. Aber abermals kein Pfiff des Schiedsrichters. Ein Treffer hätte über Abstieg und die nächste Runde entschieden. Aber der Siegtreffer wollte trotz aller Bemühungen letztendlich in einer spannenden Schlussphase nicht mehr fallen.
Das 2:2 war für Neudrossenfeld aufgrund der Europapokalregelung bei Torgleichheit zu wenig. Der Abstieg in die Landesliga stand damit fest. Ein Jahr nach dem Aufstieg muss die Elf aus dem Kulmbacher Land nun wieder eine Liga tiefer ran. Sicherlich kein Beinbruch für den gut aufgestellten TSV, der bereits seit längerer Zeit zweigleisig planen konnte. Aber als der Abstieg letztendlich feststand, flossen bei dem einen oder anderen Akteur Tränen. Trauer am Weinbarg - Freude dagegen im Frankenwald. Aufgrund einer starken ersten Hälfte zieht die Elf von Markus Häßler nach zwei unterm Strich ausgeglichenen Partien in die nächste Runde ein. Dort wartet der Vizemeister der Landesliga Nordwest, der 1. FC Sand. Die Unterfranken gewannen das Rückspiel beim FSV Erlangen-Bruck mit 1:0 und schickten die Siemensstädter damit ebenfalls in die Landesliga. Am Dienstag muss die Häßler-Elf erst auswärts ran, ehe man am kommenden Sonntag schließlich auf der "Grünen Au" Heimrecht genießt. Aber nur der Sieger des Duells ist Bayernligist, der Verlierer bleibt in der Landesliga.
Spielbericht eingestellt am 30.05.2015 21:25 Uhr