von Michael Kämmerer
Eine schmeichelhafte Nullnummer beendet die Winterpause
TSV Abtswind – SV Alemannia Haibach 0:0
Wenn der beste Angriff auf die schlechteste Abwehr trifft, dann wird das eine klare Sache, könnte man meinen. Und trotzdem hat der TSV Abtswind nach 57 Saisontoren Alemannia Haibach mit seinen 40 Gegentreffern nicht einfach weggeballert. Beinahe hätte der abstiegsbedrohte Außenseiter dem Landesliga-Spitzenreiter den Auftakt nach der Winterpause total vermasselt. Die Gäste hatten mehr, ja sogar bessere Möglichkeiten, um nicht nur ein torloses Unentschieden zu holen, sondern drei Zähler mitzunehmen. Statistiken taugen manchmal eben wenig.
Pasqual Verkamp weiß, wie es sich anfühlt, Großchancen gegen Abtswind zu versieben. Haibachs zwanzig Jahre alter Flügelstürmer, der für den SV Darmstadt 98 in der Junioren-Bundesliga spielte, bekam in dieser Saison so viele Tormöglichkeiten gegen den Landesliga-Spitzenreiter wie kein Zweiter, ohne sie zu nutzen. Das ging in der Hinrunde vorigen Sommer los, als Verkamp es versäumte, das Spiel endgültig zu entscheiden: Der schnelle Außenspieler vergab die Gelegenheit zum 3:0, indem er den Ball allein vor dem Tor neben den Pfosten schob. Anschließend drehte Abtswind das Spiel und den 0:2-Rückstand und fuhr mit einem 4:2-Erfolg aus der Aschaffenburger Vorstadt nach Hause.
Sieben Monate später kreuzte Verkamp mit seinem Team in Abtswind auf, und von seiner Geschwindigkeit und seinem Umgang mit der Kugel hatte er seitdem nichts eingebüßt. Eine Körpertäuschung, ein Übersteiger – schon hatte er seinen Gegenspieler vernascht. Laufen und tricksen, das kann der Zwanzigjährige. Nur mit dem Toreschießen scheint er noch auf Kriegsfuß zu stehen. Fünf Treffer sind ihm zwar in dieser Saison gelungen, nur eben nicht gegen Abtswind, und das trotz klarster Möglichkeiten. „Er ist noch jung“, sagt sein Trainer Slobodan Komljenovic. „Wenn er ruhiger wird, macht er seine Dinger.“
Das größte Ding wäre es gewesen, wenn Verkamp in der Nachspielzeit getroffen hätte, als er den Abtswindern Michael Herrmann und Lukas Wirth an der Mittellinie enteilte und das Leder wie schon im Hinspiel danebensetzte. Ohne Verkamp wäre bei Haibach in der Offensive nicht viel losgewesen. Bei den anderen Chancen, in denen er freistehend vor dem Tor auftauchte, warf sich ihm Schlussmann Julian Schneider beherzt entgegen und wehrte zweimal hervorragend ab. „Über die Flügel haben wir ein wunderbares Tempo“, stellte Komljenovic erfreut fest. Häufig suchte sich Pasqual Verkamp die Seite aus, auf der er Lukas Wirth begegnete.
Der Abtswinder hatte mit seinen neunzehn Jahren die Bürde, die linke Abwehrseite zu besetzen und damit das Loch zu kitten, das Przemyslaw Szuszkiewicz vor wenigen Wochen durch seinen plötzlichen Abgang in den Fußballruhestand verursacht hatte. Haibachs Außen Stjepan Brkic und Pasqual Verkamp variierten, wie sie wollten, wechselten die Positionen und wirbelten so den Gegner durcheinander. Da half es wenig, dass auch Lukas Wirth und Michael Herrmann die Seiten tauschten, um Schritt halten zu wollen. In seinem dritten Landesligaspiel über neunzig Minuten wusste sich der junge Wirth immerhin zu helfen, im letzten Moment sich eines Textilvergehens schuldig zu machen, um Verkamp in der 88. Minute am Alleingang aufs Tor zu hindern. Die Gelbe Karte nahm er gerne in Kauf.
Gegen den Abstiegskandidaten vom Untermain tat sich Abtswind unerwartet schwer. Der von den Kapriolen des Winters zerfurchte Rasen kam dem sonst so spielstarken Team alles andere als gelegen. Das schwere Geläuf half vielmehr den Gästen, die über den Kampf das Spiel annahmen und auf eine massive Verteidigung mit fünf Abwehrspielern setzten. „Mit drei Leuten haben wir das Zentrum dichtgemacht“, verdeutlichte der frühere Frankfurter Bundesligaprofi und serbische Nationalspieler Slobodan Komljenovic. „Und außen konnten wir das Abtswinder Flügelspiel besser und schneller stören.“ Waren die Haibacher in der Hinrunde nach einer Stunde konditionell am Ende, hielten sie diesmal bis zum Schluss mit.
„Anders als im Sommer haben wir jetzt eine gute siebenwöchige Vorbereitung hinter uns“, klärte Komljenovic auf. Die positiven Eindrücke aus der Vorbereitung konnte dagegen Abtswind nicht bestätigen. „Dass wir in den Testspielen gegen gestandene Bayernliga-Mannschaften mitgehalten haben, zählt nicht mehr“, sagte Abtswinds Trainer Petr Skarabela. Der Formschwund wurde besonders an Adrian Dußler deutlich: Der Mittelfeld-Stratege hatte vor der Winterpause zahlreiche Spiele entscheidend beeinflusst und auch in den Freundschaftsspielen durchgehend starke Leistungen abgeliefert.
Diesmal blieb der 22-Jährige unter seinen Möglichkeiten. Selbst seine sonst so gefürchteten Standardsituationen entfalteten keine Wirkungskraft. Erst sein schwach ausgeführter Freistoß vor die Füße des Gegners leitete Pasqual Verkamps Kontermöglichkeit in der Schlussminute ein. Im Spiel nach vorne hielten sich die Hausherren weitgehend unsichtbar. Von den Pässen in die Spitze blieb meist nicht viel übrig. Zu häufig stand ein Angreifer im Abseits. Im ersten Durchgang war es noch am ehesten Linksaußen Philipp Hummel, der mit der ein oder anderen Aktion in Erscheinung trat.
Sonst gab es kaum ein Durchkommen. Als Stürmer Daniel Endres in der 53. Minute mal zum Abschluss kam und den Ball vorbeiwuchtete, war klar, dass viele solcher Chancen nicht mehr kommen würden. Bei zunehmendem Regen musste jeder aus wenig viel machen. Das schaffte weder Abtswind noch Haibach. Die Nullnummer schmerzte den Aufstiegsaspiranten freilich weitaus mehr. Der Start ins neue Jahr war in etwa so verlaufen, wie sich das Spielfeld präsentiert hatte: ziemlich holprig.
Spielbericht eingestellt am 11.03.2018 10:09 Uhr