"Siegen oder fliegen", brachte es Michael Hutzler auf dem Nenner, auf was es im Pokal ankommt. Auf die leichte Schulter nahmen die Gäste den Pokal und Gegner jedenfalls nicht. Das versicherte der Bamberger Coach vor der Partie auch noch einmal ausdrücklich, nachdem viele Kicker bei den Gästen fehlten. Die Ausfälle waren allerdings allesamt entweder krank oder verletzt. Unabhängig davon stellten sich die Domstädter sich auf einen hartnäckigen Gegner ein und unterschätzten den Kreisligisten nicht. "Jeder kann gut verteidigen", hatte der Eintracht-Coach wohl schon so eine Vorahnung, was auf seine Elf zukommen sollte. Denn für den Kreisligisten war die Partie schließlich das "Spiel des Jahres." Da brauchte Adrian Grötsch seine Elf nicht sonderlich motivieren. Der Kreisligist setzte auf seine Außenseiterchance. "So ein Spiel muss man genießen und geil drauf sein", sagte der Coach der Bernecker. Mit Maxi Völkl und Abwehrchef Timo Neukam musste er allerdings wichtige Stützen ersetzen.
Enge Kiste: Tobias Neukam (weiß) wird gleich von drei Gegenspielern angegriffen.
Thomas Nietner
Erwartungsgemäß übernahmen die favorisierten Gäste auch von Beginn an das Geschehen und nisteten sich umgehend in der Bernecker Spielhälfte ein. Doch die Hintermannschaft der Kurstädter erwies sich bereits schon in der Anfangsphase als äußerst stabil. Der Grötsch-Elf gelang es, die Gäste weitgehend aus dem eigenen Strafraum zu halten. "Nach vorne haben uns die Ideen gefehlt", sah Michael Hutzler seine Elf gegen eine vielbeinige Abwehr rennen. Das eröffnete dem Kreisligisten bei Ballgewinn auch immer wieder die Konterchance. "Das ist so, wenn man hoch steht", wusste Michael Hutzler um das Risiko. Und um ein Haar wäre der Außenseiter nach einer Viertelstunde auch in Führung gegangen. Michael Sauerstein war auf der linken Seite auf und davon, zögerte aber alleine vor Gästekeeper Fabian Dellermann zu lange. "Wer weiß, wie die Partie dann läuft?", spekulierte Adrian Grötsch. So nahm der Druck auf das Bernecker Tor weiter zu. Erst visierte Steffen Müller mit einem Kopfball den Innenpfosten an, ehe TSV-Keeper Alexander Masel den Ball bei einem Schuss von Marc Reischmann mit einer spektakulären Parade aus dem Torwinkel fischte. In der Folge war die Führung der Gäste durch Marco Schmitt nicht unverdient. Der Außenverteidiger zirkelte einen Freistoß aus halbrechter Position unter die Latte. Die Bernecker zeigten sich vom Rückstand jedoch unbeeindruckt. "So lange das Ergebnis knapp ist, motiviert das den Gegner", wusste Michael Hutzler um die Gesetze im Pokal. So lauerte der Kreisligist immer wieder auf seine Konterchance und setzte bis zur Halbzeitpause immer wieder einen Nadelstich.
Michael Sauerstein (weiß) bringt Marco Schmitt zu Fall.
Thomas Nietner
Mit zwei starken Paraden hielt Schlussmann Alexander Masel die Hausherren auch nach dem Seitenwechsel weiter im Spiel. Die Kurstädter witterten so weiterhin ihre Chance, vor allem wenn sich bei den Gästen Fehler einschlichen und Räume auftaten. Und die Rechnung ging tatsächlich auf, als Gästekeeper Fabian Dellermann den durchgebrochenen Timo Neukam im Strafraum von den Füßen holte. Elfmeter! Fabio Fuchs blieb cool und glich für die Gastgeber aus, die nunmehr tatsächlich von der Überraschung träumen durften - zumindest kurzzeitig. "Da haben wir gehofft, dass wir das Remis über die Zeit bringen können. In jener Phase waren wir gut dabei", hoffte Adrian Grötsch an der Seitenlinie bereits auf das Elfmeterschießen. Tobias Linz machte die Träume der Hausherren aber schnell zunichte. Der Bamberger Joker stach eine Viertelstunde nach seiner Einwechslung - und das gleich drei Mal! Mit einem lupenreinen Hattrick entschied der Rechtsaußen binnen acht Spielminuten die Partie. "Ein bißchen Glück gehört auch dazu", schmunzelte der dreifache Torschütze. Denn insbesondere das zwischenzeitliche 1:2 war auch Bernecker Sicht bitter. Ein echtes "Gurkentor", nachdem die Heimelf den Ball nach einem Eckball nicht aus dem Strafraum bekam und den Torschützen die Kugel so direkt auf den Schlappen fiel. "Irgendwann passiert dann nun mal der individuelle Fehler, wenn man so lange hinterher rennt", nahm es Adrian Grötsch seiner Elf jedoch nicht krumm. Die hatte bis dato das Spiel offen und spannend gehalten und sich gegen den Bayernligisten sehr gut verkauft. Als dann Tobias Linz erst vom Strafraum und dann auch noch per Direktabnahme nach einer Flanke traf, war die Partie jedoch gelaufen. Nachdem die Hoffnung dahin war, wurden bei den Kurstädtern nun auch die Beine schwer. Das nutzten die Gäste, um das Ergebnis in der Schlussphase noch weiter in die Höhe zu schrauben. Mit David Lang und Pascal Nögel trugen sich noch zwei weitere Joker in die Torschützenliste ein.
Leandro Fuchs (weiß) mit vollem Einsatz gegen Jakob Tranziska.
Thomas Nietner
"Wir haben uns jedoch sehr gut verkauft. Ein 1:3 wäre okay gewesen, so liest sich das zu hoch. Wir konnten Bamberg lange ärgern", war Adrian Grötsch am Ende trotz der Niederlage und sechs Gegentoren stolz auf seine Elf - zu Recht. Denn die Kurstädter boten dem Bayernligisten lange Zeit die Stirn und kämpften leidenschaftlich. Vorwerfen konnte sich der Außenseiter letztendlich nichts. Unzufrieden war auch Gästecoach Michael Hutzler nicht: "Ich hätte mir jedoch das zweite Tor eher gewunschen." Am Ende siegten die Domstädter standesgemäß, wenn auch zu hoch. Denn bis zur Joker Tobias Linz zum ersten Mal zustach, war es bis dahin trotz der Überlegenheit der Gäste eine offene Partie. Die Eintracht nach starkem Endspurt in die nächste Runde des Totopokals ein. Enttäuschend war letztendlich nur der Zuspruch der Zuschauer: Der leidenschaftliche Auftritt der Bernecker hätte mehr Anhänger verdient gehabt.
Spielbericht eingestellt am 10.10.2020 19:38 Uhr