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Artikel veröffentlicht am 27.12.2021 um 12:50 Uhr
Abenteuer Übersee: Tobias Brüchers Weg nach Amerika
Der Traum vom Profi-Dasein bleibt vielen talentierten Kickern trotz einer hervorragenden fußballerischen Ausbildung innerhalb der Nachwuchsleistungszentren oftmals verwehrt. Da sich hierzulande Sport und Ausbildung bzw. Berufsleben im höherklassigen Amateurbereich manchmal nur schwer verbinden lassen, blicken immer mehr Akteure über den Tellerrand - oder wie in Tobias Brüchers Fall gar über den großen Teich - hinaus.
Von Michael Watzinger
Auf zu neuen Ufern: Tobias Brücher (r.) freut sich nach Spielende mit einem Mitspieler über einen Sieg seiner Converse University.
privat
Gegen den Strom

Austauschprogramme, die versuchen talentierte ausländische Spieler bei hiesigen Vereinen unterzubekommen sind inzwischen keine Seltenheit, sondern vielmehr Gang und Gebe im heutigen Amateurfußball. Auf der anderen Seite bilden gut ausgebildete Nachwuchsspieler, die ihr Glück außerhalb der Landesgrenzen suchen, nach wie vor eher die Ausnahme. 

Tobias Brücher fällt seit gut einem halben Jahr in jene zweite Kategorie und schwimmt somit durch seinen Aufenthalt in Amerika gegen den allgemeinen Strom: Der 19-Jährige erfuhr während seiner Juniorenzeit bei der SG Quelle Fürth, dem Nachwuchsleistungzentrum des 1. FC Nürnberg sowie anschließenden Stationen erneut bei der Quelle und der SpVgg Ansbach 09 eine hervorragende Ausbildung, verlor jedoch aufgrund einer schweren Knieverletzung den Traum vom Profi-Dasein etwas aus den Augen. 

Auch deshalb entschied sich der technisch versierte und äußerst schnelle Offensivmann für die Converse University in South Carolina, wo er dank eines Stipendiums noch einmal einen neuen Anlauf wagen möchte, ohne dabei die akademische Ausbildung aus dem Blick zu verlieren: "Durch meine Knie-Verletzung, dem anschließenden Ende beim Club und schließlich der langen Corona-Pause ist mein Traum, Profi zu werden, Stück für Stück in die Ferne gerückt. Ich habe deshalb nach einer Möglichkeit gesucht, um noch einmal angreifen zu können - ohne dabei alles auf eine Karte setzen zu müssen. Selbst wenn sich mein Traum nicht erfüllen sollte, habe ich nach vier Jahren meinen Bachelor fertig und zudem bereits einige Erfahrungen im Ausland sammeln können. In meinen Augen ist es einfach ein super Gesamtpaket!"

Tobias Brücher (in rot) war bis zur U-16 für die Junioren des 1.FC Nürnberg am Ball.
Michael Hamme

Aller Anfang ist schwer

Dass auf diesem Weg aber auch Hindernisse aus dem Weg geräumt werden müssen, wurde dem Youngster dabei ziemlich schnell bewusst. "Durch Corona und ganz allgemein gab es relativ wenige Videosequenzen von mir. Für die Bewerbung an den Unis verschickt man jedoch immer Highlight-Videos, die einen als Spieler beschreiben und die Stärken herausstellen sollen - es war gar nicht so einfach, da ein ordentliches Material zusammen zu kriegen. Ich habe das dann in Eigenregie zusammengeschnitten und gemeinsam mit meiner Agentur an die Unis verschickt. Das war zu Beginn dann schon gleich mal eine Aufgabe", schmunzelt Brücher.

(Hier geht es zum Highlight-Video von Tobias Brücher!)

Letztendlich entschied er sich dann ganz bewusst für die Converse University - und damit für eine eher kleine Uni, die das Fußballprojekt gerade erst gestartet hatte: "Fußball ist in den USA ja nach wie vor eher eine Randsportart, dafür aber auf einem deutlich aufsteigenden Ast. Ich fand es spannend, bei der Entwicklung eines solchen Projektes mitwirken zu können und dachte, es wäre gut, gemeinsam wachsen zu können."

Bei aller Vorfreude auf das Projekt war der Start für den 19-Jährigen dann aber doch ein wenig einschüchternd: "Heimweh war gerade zu Beginn schon ein großes Thema bei mir: Als ich im August ankam, war ich die erste Nacht bei einer Gastfamilie, die aber kein WLAN hatte - es war schon schlimm, das erste Mal alleine so weit von zuhause weg zu sein und niemanden erreichen zu können. Da ich anschließend auch einer der Ersten auf dem Campus war, herrschte dort gerade nachts eine gespenstische Atmosphäre... Ich war schon sehr froh, als dann nach und nach die anderen Kommilitoninnen und Kommilitonen ankamen!"

Die Entwicklung schreitet voran 

Inzwischen liegen jene Anlaufschwierigkeiten längst in der Vergangenheit. Der recht introvertierte Fürther findet sich inzwischen richtig gut zurecht: "Ich brauchte ein wenig Zeit, um mich an die neue Situation zu gewöhnen, habe inzwischen aber Anschluss und Freunde gefunden und bin deutlich selbstständiger geworden. Auch beim Fußball hat es etwas Zeit gebraucht, damit sich das Team findet - das ist aber, denke ich, normal, schließlich treffen da schon unterschiedliche Ausbildungsansätze aufeinander: In Amerika wird weniger technisch und stattdessen deutlich mehr Kick-and-Rush gespielt. Außerdem sind wir ein sehr junges Team, das im Vergleich zu den anderen Unis deutlich weniger ältere Jahrgänge aufweist."

Tobias Brücher schaffte es mit seiner Converse University bis in die Playoffs, dort war allerdings bereits in der ersten Runde Schluss. Mit dem ersten Jahr kann man aus Brüchers Sicht dennoch zufrieden sein.
Converse University

Trotz des neuen Projektes schaffte Brüchers Team den Einzug in die Playoffs, wo allerdings dann in der ersten Runde Schluss war: "Insgesamt können wir damit schon zufrieden sein. Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können und auch ich persönlich habe mich immer besser zurecht gefunden. Es kam mir dabei auch ein wenig zugute, dass ich vielseitig einsetzbar bin, so spielte ich auf der Zehn, auf der Acht und manchmal auf den Flügeln. Jetzt müssen wir zusammen die nächsten Schritte machen, um im September noch besser zu sein!"

Für Brücher und seine Mitspieler steht im neuen Jahr erst einmal die Pre-Season an: Januar und Februar beginnt somit die Vorbereitung, die dann in Freundschaftsspiele und -turniere mündet. Danach stoßen die neuen Kommilitonen hinzu, ehe von September bis November erneut die Qualifikation für die Playoffs ansteht.

Ein Leben außerhalb der Bubble

Das alles ist im Moment für den Hochgeschwindigkeitsdribbler erst einmal Zukunftsmusik. Nach anstrengenden Monaten freut sich der 19-Jährige darauf, das Leben außerhalb des Campus endlich kennenlernen zu können: "Seit meiner Ankunft im August hatten wir kaum Freizeit und teilweise alle zwei, drei Tage ein Spiel. Da bleibt nicht viel Zeit, um sich ein wenig umzusehen. Deshalb waren wir schon froh, die Bubble nach dem Ausscheiden ein wenig verlassen zu können - auch wenn die Trainingsbedingungen hier wirklich hervorragend sind und selbst den deutschen Standard größtenteils übertreffen."

Raus aus der Bubble: Tobias Brücher (2.v.r.) besuchte mit Freunden Disney World Orlando und versuchte so etwas Abstand vom Campus zu gewinnen.
privat

Er selbst schöpft über die Feiertage neue Kraft bei der Familie, ehe es bald zurück in die USA geht. "Meine Familie unterstützt mich, wo sie nur kann. Mein Stipendium deckt in etwa zwei Drittel aller Kosten ab, der Rest setzt sich aus Kindergeld, sowie Unterstützung durch meine Mutter und meinen Bruder Manuel Döllfelder zusammen. Außerdem arbeite ich während meines Aufenthaltes in Deutschland - ich bin einfach froh, diese Chance durch meiner Familie zu bekommen und bin ihnen für ihre Hilfe natürlich unglaublich dankbar!" 

Wieder zurück in den Staaten gilt es für den Filius nun die nächsten Schritte zu machen: "Ich möchte mich gerne weiter entwickeln und auch in Sachen Statistiken noch ein wenig zulegen, damit ich noch etwas mehr in den Fokus gelange. Dafür muss ich mich sicherlich weiter steigern, aber das traue ich mir auch zu."

Es wird spannend zu beobachten sein, wohin der Weg weiter führen wird. Ein sportliches Vorbild hat Brücher übrigens schon gefunden: Julian Gressel, aktuell bei D.C. United in der amerikanischen Profiliga MLS aktiv, ging 2013 den gleichen Schritt - und wagte als einer der Ersten das Abenteuer Übersee.

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Steckbrief T. Brücher

Tobias Brücher
Alter
22
Geburtsort
Fürth
Nation
Deutschland
Größe
174 cm
Gewicht
70 kg
Hobbies
Freunde treffen, Ausflüge/Kurztrips machen
Starker Fuß
Rechtsfuß
Lieb.-Position
zentrales Mittelfeld ("10er")


Spielerstationen T. Brücher

23/24
LL
 
22/23
LL
 
20/21
U19, BAYL
 
19/20
U19, BAYL
 
19/20
U19, BAYL
 
18/19
U17, BAYL
 
17/18
U17, LL
 
17/18
U17, LL
 
17/18
U17, BOL
 
16/17
 
15/16
 
14/15
 
13/14
 
12/13
 
11/12
 
10/11
 
09/10
 

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