Lothar Matthäus
Matthias Hofmann
Prominente Köpfe aus der Fußballbranche traten in Zeiten, in denen das Geschehen umfassend noch exklusiv im Print abgedruckt wurde, bereits in Kolumnen auf. Max Merkel war gefürchtet für seine scharfen Kommentare in der Bild-Zeitung. In späteren Jahren folgten dann auch die größten deutschen Fußballer wie Franz Beckenbauer oder Lothar Matthäus bei Bild beziehungsweise Sport Bild.
Co-Kommentatoren bleiben beim Fußball die Ausnahme
Aber mit der Zunahme der TV-Übertragungen tauchten auch immer mehr Experten auf dem Bildschirm auf. Bei den großen Turnieren wie Europa- oder Weltmeisterschaft hatten sich die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten Beistand geholt. Auch als Co-Kommentatoren traten die früheren Stars wie Karl-Heinz Rummenigge bei der WM 1990 in Italien in Erscheinung. Später versuchte sich der Privatsender RTL mit Pierre Littbarski als Sidekick. Im Fußball fand diese Form der Einbindung von großen Namen aus der Branche aber recht bald wieder ein Ende, während beim Ski Alpin mit Felix Neureuther oder Frank Wörndl die früheren Champions live am Mikrofon sind und Boris Becker oder Barbara Rittner bei keinem Grand Slam Turnier fehlen darf, das Eurosport überträgt.
Im Fußball sind die Experten weitgehend im Studio geblieben, um dort ihre Einschätzungen vor dem Spiel, ihre Analyse in der Halbzeit und nach Abpfiff zum Besten zu geben. Eine Renaissance der Co-Kommentatoren erlebt der Fußball auf dem Bezahlsender DAZN. Hier gab es im September 2020 mit Sandro Wagner den prominentesten Zuwachs fürs Experten-Team. Zweifel über den Mehrwert dieser Form des Kommentierens konnte gerade Wagner widerlegen, da er immer wieder mit seiner Expertise neue Blickwinkel öffnet, die über die gewohnte Begleitung der Übertragungen hinaus geht.
Grimme-Preis für Günter Netzer
DAZN bleibt aber gemeinsam mit RTL Nitro, das zu Marco Hagemann mit Steffen Freund die Begleitung aus dem ehemaligen Profigeschäft gefunden hat, eher eine Ausnahme beim Einsatz der Experten. Vielmehr werden diese weiterhin bei ARD, ZDF oder RTL vor allem am Mikrofon im Studio gefragt. Über viele Jahre war hierbei Günter Netzer eine der prägendsten Figuren aus dem deutschen Fußball, die als Experte eine Karriere nach der Karriere hinlegten. Für seine Tätigkeit als Fußballkommentator in der ARD erhielt er im Jahr 2000 zusammen mit Gerhard Delling den Grimme-Preis. Zudem wurden die beiden im Mai 2008 in Wiesbaden für ihr „hohes sprachliches Niveau“ mit dem Medienpreis für Sprachkultur ausgezeichnet.
Lothar Matthäus als meistzitierter Fußball-Experte
Zu dieser Auszeichnung wird es Lothar Matthäus vermutlich nicht mehr bringen, auch wenn er als Fußballer so ziemlich alles gewinnen konnte, was nur möglich war. Seine Registrierung als Fußball-Experte begann im Prinzip nahtlos nach der aktiven Laufbahn. Zunächst war er als Kolumnist tätig, mit dem Wachstum des Bezahlfernsehens war Matthäus als TV-Experte gefragt. Diverse Europa- und Weltmeisterschaften begleitete er bei Premiere, war bei vielen ausländischen Fernsehanstalten bei diversen Turnieren gebucht.
Seit der Saison 2012/13 ist Matthäus regelmäßig beim Premiere-Nachfolger Sky tätig. Jeden Samstagabend tritt er beim Topspiel der Woche auf und ist mittlerweile der meistzitierte Fußball-Experte Deutschlands. Diesen Titel hat er auch seinen Auftritten in Fußball-Talkshows zu verdanken, in denen der redselige Franke zum festen Inventar gehört.
Bei Sky ist Matthäus aber längst nicht der einzige Ex-Profi, auf dessen Meinung zurückgegriffen wird. Vor allem Dietmar Hamann hat sich unter den Fußball-Experten mit teilweise messerscharfer Kritik einen Namen gemacht. Auch die Ex-Nationalspieler Benedikt Höwedes oder Dennis Aogo sind am Mikro zu sehen, während Erik Meijer eine besondere Rolle in der Analyse zugeschrieben bekam, um gewisse Abläufe bildlich darzustellen. Es gibt auch Spezialisten im Experten-Team wie Torsten Mattuschka, der ausschließlich die Partien der 2. Liga im Studio auf seine lockere Art begleitet und den Sendungen eine eigene Note verleiht. Darüber hinaus lädt Sky immer wieder Experten ein, die nicht fest zum Sky-Team gehören.
Auch die Weltmeister 2014 sind nun gefragt
Neben Höwedes sind auch weitere Fußball-Idole vom WM-Sieg 2014 mittlerweile als Experten gefragt. Gerade bei ARD und ZDF hat sich hier über die Jahre ein steter Wandel gezeigt. Waren einst Oliver Kahn, Mehmet Scholl oder Jürgen Klopp im Experten-Team, so rückten Thomas Broich, Hanno Balitsch und nach dem Karriereende auch Bastian Schweinsteiger sowie Per Mertesacker in den Fokus.
Den vielleicht größten Coup in der jüngeren Zeit landete aber nun der Privatsender RTL, der die Verpflichtung von Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeneß als Experte für die kommenden Länderspiel-Übertragungen bekannt gab. Man darf nicht nur gespannt sein, wie Hoeneß in dieser für ihn völlig neuen Rolle auftrat, aber vor allem auch, wer die nächsten Fußball-TV-Experten werden. Aus den aktuell noch aktiven Kickern hat Gladbachs Christoph Kramer schon Erfahrungen sammeln dürfen und so schon möglicherweise ein neues Standbein nach der aktiven Zeit gefunden.
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