Italienische Teams der Region: Von Prügelknaben bis Pasta-Power mit Pirlo - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 31.03.2020 um 06:00 Uhr
Italienische Teams der Region: Von Prügelknaben bis Pasta-Power mit Pirlo
Wir schreiben den 31. März 2020 - Nürnberg wäre eigentlich Gastgeber für das Länderspiel der DFB-Elf gegen Italien gewesen. Während die Coronakrise weiterhin keinen Fußball erlaubt, blicken wir dafür heute speziell auf die Vergangenheit der italienischen Fußballteams in der Region.
Von Marco Galuska
Blick auf die Geschichte des italienischen Amateurfußballs in der Region.
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Im Jahre 1955 unterzeichnete die Bundesregierung das „Anwerbeabkommen“ mit Italien, es war der erste Staat, mit dem ein solches Abkommen geschlossen wurde – Spanien und Griechenland folgten 1960, das Abkommen mit der Türkei wurde 1961 geschlossen. Die Italiener waren in der Vorreiterrolle unter den sogenannten „Gastarbeitern“ in Deutschland. Auch die erste „Gastarbeitermannschaft“, wie es in der Chronik heißt, im BFV-Spielbetrieb des Kreises Nürnberg/Fürth war italienisch. Doch erschien die Zeit in der Saison 1962/63 noch nicht reif, so dass sich die DJK Italia Nürnberg (31:133-Tore, 4:48-Punkte) nach nur einem Jahr wieder aus der BFV-Runde zurückzog.

Eine Besonderheit war der Zeitpunkt im Jahr vor der Bundesliga-Gründung aber dennoch, wie Historiker Ansbert Baumann von der Uni Tübingen gegenüber fussballn.de erklärt: "Der DFB hat ausländische Mannschaften ja offiziell eigentlich erst 1970 in den regulären Spielbetrieb integriert", vorher waren diese "provisorisch akzeptiert" und die Vorstellung einer baldigen Rückkehr in die Heimat entsprach für einen Teil der Zugewanderten immer weniger der Realität.

Ab Mitte der 1970er-Jahre etablierten sich die ersten italienischen Fußballklubs in der Region.
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Nachdem auch das Projekt des Club Italia Nürnberg in der Saison 1967/68 nur eine Saison mit überschaubarem Erfolg hielt, konnte ACLI Nürnberg (Associazioni Cristiane Lavoratori Italia - eine Vereinigung von Laienchristen) immerhin drei Spieljahre von 1971 bis 1974 durchhalten und wurde dann zum Spieljahr 1974/75 erstmals von zwei italienischen Klubs abgelöst: In Fürth gab es den FV Italsud 1973 und in Nürnberg den FC Azzurri, der auf dem Krugsportplatz der DJK Bayern kickte.

Vier italienische Vereine in der C-Klasse


Der FC Azzurri Nürnberg spielte am Krugsportplatz bei der DJK Bayern. "Nur selten wurden die Spiele der 1. Generation zu elft beendet", wie sich Zeitzeugen von damals schmunzelnd erinnern.
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Mit dem "CC Italia 1982 Nürnberg" kam 1983 ein dritter Verein hinzu, der sich trotz zahlreicher sportlicher Pleiten in der C-Klasse immerhin zehn Jahre halten konnte. 1993 war für den Calcio Club dann aber Schluss. Ebenso verabschiedete sich damals auch der FC Alemannia Nürnberg aus Schweinau wieder, der von der Saison 1986/87 an ebenfalls wenig erfolgreich im Unterhaus des Kreises mitgemischt hatte. Weil nach zwanzig Jahren in der C-Klasse auch der FV Italsud in Fürth die Segel gestrichen hatte, blieb von den vier zeitweise parallel spielenden italienischen Vereinen nur noch der FC Azzurri übrig.

Die zweite Generation half dem FC Azzurri auf die Sprünge

Die Trikots wurden allmählich bunter - die ersten Erfolge stellten sich beim FC Azzurri mit der zweiten Generation ein.
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Azzurri schaffte 1990/91 erstmals den Aufstieg in die B-Klasse, aus der man aber - nach einem internen Zerwürfnis - schon im Jahr darauf mit nur fünf Punkten sang- und klanglos abgestiegen war. Es überdauerte noch einen Aufstieg (1995) und erneuten Abstieg, ehe die Azzurri-Kicker sich zu einer richtig starken Truppe geformt hatten. Zum Kopf der Mannschaft wurde dabei Giovanni Selce, der sich beim Landesligisten ESV Rangierbahnhof das Kreuzband gerissen hatte und nach seiner Genesung als Spielertrainer den FC Azzurri übernahm und dort mit Disziplin den Erfolg vermitteln konnte.

Unter Giovanni Selce in die Bezirksliga

Der Aufschwung und Selces gute Arbeit bei den Azzurris sprachen sich herum. So kamen Verstärkungen wie z.B. Gerhard Niemersheim, der in der Jugend des FC Bayern München und dann bei der SpVgg Fürth kickte, hinzu. Das große Plus sollte die Kameradschaft in der Mannschaft von Giovanni Selce werden. Bruder Sandro Selce kickte aktiv mit und sorgte aber auch als Inhaber des KonTiki gemeinsam mit Luca Fratoni dafür, dass aus dem FC Azzurri ein eingeschworener Haufen wurde.

Der FC Azzurri stieg unter Spielertrainer Giovanni Selce (rechts) 2001 über die Relegation erstmals in die Kreisliga auf.
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Das Spieljahr 2000/01 beendeten die Italiener als Vizemeister hinter dem ASC Boxdorf. In der Relegation gelang der Selce-Truppe durch einen 2:1-Sieg über Dergahspor nach Verlängerung (Torschützen: Boris Mandosi und Gerhard Niemersheim) der Aufstieg in die Kreisliga. Damit aber nicht genug. So richtig durchstarten sollte der FC Azzurri im anschließenden Jahr 2002. Mit 65 Punkten gelang den Italienern vor dem Türkischen FK (64) und dem TSV Burgfarrnbach (63) der Durchmarsch in die Bezirksliga. "Wir konnten uns recht schnell retten und kamen trotz unseres kleinen Kaders nie in die Abstiegsregion. Der Zusammenhalt war einmalig und jeder wusste, was er zu tun hatte und keiner durfte den anderen hängen lassen", erinnert sich Defensivmann Maurizio Scigliuzzo, der erst in der Bezirksliga zu den "Blauen" kam.

Schattenseite folgte schnell

Doch das Abenteuer Bezirksliga sollte noch seine Schattenseite für die Azzurri bereit halten. Der kometenhafte Aufstieg, der auch durch die Presse ("Pasta-Power") ging, zog Personen an, "die sich mit dem Erfolg brüsten wollten", wie sich Sandro Selce 2010 erinnerte. Neue Vorstände und neue Versprechungen kamen. Hinzu wurden Spieler geholt, die zwar qualitativ gut waren, jedoch nicht in das frühere Konzept "Freunde auf und neben dem Platz" passten. So war die Stimmung in der Mannschaft in der zweiten Bezirksligasaison schnell vergiftet. Giovanni Selce trat als Spielertrainer zurück, der Stamm der so erfolgreichen Truppe hatte sich innerlich bereits abgewendet, auch Trikotsponsor KonTiki zog sich zurück. Der Bezirksliga-Abstieg war ohnehin schnell besiegelt und die Kreisliga-Saison 2004/05 erlebten die Italiener nur noch bis zur Winterpause - dann war vorerst Schluss für den FC Azzurri in der BFV-Runde.

Der FC Azzurri kehrte 2009 zurück und startete beim SV 1873 Süd in der B-Klasse.
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Comeback 2009 in der Werderau

2008/09 versuchte "Club Napoli" einen Neuanfang beim TSV 1846 Nürnberg, was nur ein kurzes Abenteuer blieb. Erfolgsversprechend war das Projekt, das "der harte Azzurri-Kern" im Jahr darauf beim SV 1873 Süd startete, wo bereits eine Privatmannschaft unter der Regie von Marco Princiotto als AS Italia gekickt hatte. So bündelte man frühere Kräfte und startete als 3. Mannschaft der Süder ein Comeback des FC Azzurri. Auf Anhieb gelang die Meisterschaft in der B-Klasse. Die Unruhen in der Werderau überrumpelten aber in der Folge auch die Azzurri-Kicker, die plötzlich aufrücken sollten, nachdem Süds 2. Mannschaft weggebrochen war. Und so ging mit den Südern auch Azzurri (vorerst) wieder unter.

Von Süd zu Südwest

Von den Süder Fußballern blieb im Zuge der Fusion mit dem ATV Frankonia kaum mehr als die Jahreszahl übrig. Seit Jahresbeginn 2018 aber ist Azzurri in einer neuen Verbindung zurück. Fabio Scigliuzzo, der ältere Bruder von Maurizio, fungiert als Abteilungsleiter beim mittlerweile als TSV Azzurri Südwest um den Aufstieg in die Kreisklasse spielenden Verein von der Jägerstraße. Und ohne die Coronakrise wäre wohl auch Italiens Fußball-Idol Andrea Pirlo heute wieder zu Gast gewesen bei den Italienern im Nürnberger Amateurfußball.

Trikotübergabe: Andrea Pirlo (l.) erhält von Abteilungsleiter Fabio Scigliuzzo (r.) beim Besuch in Nürnberg das Trikot des TSV Azzurri Südwest Nürnberg mit seiner Rückennummer 21.
fussballn.de / Watzinger

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Italienischer Amateurfußball

DJK Italia Nürnberg (1962/63)

Club Italia Nürnberg (1967/68)

ACLI Nürnberg (1971-1974)

FV Italsud Fürth
(1974 - 1992)

FC Azzurri Nürnberg (1974 - 2004)

CC Italia 82 Nürnberg (1983 -1993)

FC Alemannia Nürnberg
(1986 -1993)

TSV 1846 Nürnberg / Club Napoli
(2008/09)

SV 1873 Süd / FC Azzurri (2010 - 2012)

TSV Azzurri Südwest
(seit 2018)


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