Der deutsche Fußball steckt
allerdings weiterhin in einer kleinen Sinnfrage, da können auch die letzten
Ergebnisse nur wenig drüber hinweg lügen. Wie aber sind die Spiele zu werten
und kann man sie als Aufhänger nutzen, um schon etwaige Prognosen für den
Sommer 2020 zu kreieren?
Die Leichtigkeit ist zurück
Klar, Siege gegen die absoluten Underdogs Weißrussland und Nordirland sollten
nicht zu hoch gewertet werden; denn vor wenigen Jahren galten diese Teams immer
noch als Laufkundschaft. Zwar haben sich beide in der jüngeren Vergangenheit
weiterentwickelt, allerdings gelten sie immer noch nicht als Maßstab für Verbesserungen
im DFB-Team. Da müssen dann schon Hochkaräter wie die Niederlande, Argentinien
oder Frankreich herhalten. Allerdings hat man beim Kantersieg gegen die
Nordiren eines wieder erleben dürfen: die Leichtigkeit ist zurück im Spiel. Mit
einer Mittelfeldachse rund um Goretzka und Gnarby scheint man Sané und Müller
so rein gar nicht mehr zu vermissen. Die „jungen Wilden“, wie man einer die
Bayern-Spieler bezeichnen mag, wirbeln also auch im Adlertrikot genauso rum wie
zuhause beim FCB und vielleicht ist das genau die Stärke, die Deutschland
aktuell ausmacht. Denn wer sich von Vereinsseite bereits kennt und blind
versteht, der kann auch bei der Nationalmannschaft besser glänzen. Diese
Leichtigkeit war es übrigens auch, die dem Team 2014 zum WM-Titel gebracht hat.
Eine große Bayern-Front sorgte damals schon für Harmonie im Team, was sich als
roter Faden durch das ganze Turnier bewiesen hat. Am Ende konnte man mit einer
großen Menge an Qualität, aber auch viel Leichtigkeit den Pokal in den Himmel
halten. Diese Leichtigkeit scheint nun wieder dazu sein. Und das lässt
hoffen. Nicht nur bei den Fans, sondern auch bei allen die immer
wieder auf bessere Fußballnachrichten aus
Deutschland hoffen.
Die Probleme bleiben bestehen
Und dennoch: nur weil jetzt mal einige Spiele am Stück eine ordentliche
Leistung abgeliefert wurde, bedeutet dies noch lange nicht, dass die Mannschaft
wieder auf dem Pfad zurück zu den guten alten Tugenden ist. Zwar ist die
spielerische Leichtigkeit wieder ein Stück weit zurück, aber noch gibt es in
fast allen Bereichen Unsicherheiten und Aufklärungsarbeiten, die verrichtet
werden müssen. Angefangen im Tor, wo Deutschland seit gefühlt 50 Jahren die
besten Spieler der Welt haben – allerdings bis vor Kurzem immer noch mit einem
anderen Verständnis von Hierarchien bedacht. Neuer und ter Stegen sind beides
Torhüter vom Weltformat, aber einer muss halt immer draußen sitzen. Auf Dauer
wird das nicht gutgehen, ähnlich wie die Situation in der Abwehr. Zwar hat ein
Löw und ein Bierhoff das gute Recht, nach der enttäuschenden WM 2018 in
Russland einen Neuanfang zu wagen und aufzubauen, allerdings scheint es, als
hätten sie sich selber Löcher gebuddelt, aus denen sie nur schwer wieder
herauskommen. Warum sowohl Hummels als auch ein Boateng mit einer solchen
Vehemenz aus der Nationalmannschaft vertrieben wurden, darüber spekuliert man
heute noch. Sofern die nächsten Spiele aber souverän in der Abwehr gewinnen
werden, kräht wohl kein Hahn mehr nach den aktuellen und ehemaligen Bayern.
Aber nur, wenn das auch so der Fall ist.
Zuschauer bleiben weiter fern
Und als wären das nicht schon genug Probleme beim DFB, scheint man es sich auch
mit den eigenen Fans ein wenig verscherzt zu haben. Zwar sind Ergebnisse wie
die in der WM oder auch in der Nations League nicht sehr förderlich, um
nachhaltig für gute Stimmung auf den Rängen zu sorgen, aber es gibt noch
weitere, hausgemachte Sorgen. So sehen viele Fans in Löw zwar immer noch den
Vater des WM-Erfolgs, aber eben auch den Vater der vielen Misserfolge danach.
Bekanntlich gibt es in Deutschland 80 Millionen Nationaltrainer, die es alle
bessere wissen. Vielleicht aber wäre es an der Zeit, mit einem Führungswechsel
auch für neuen und frischen Wind zu sorgen. Denn wenn man sich die Ränge in den
Stadien der letzten Spiele – auch gegen Nordirland – ansieht, dann stellt man
fest: die Mannschaft zieht aktuell nicht mehr so wirklich. Das liegt leider
aber auch an veralteten Ideen von Ticketpreisen und Methoden, schnell und
leicht an Tickets zu gelangen.
Zusammengefasst: Auch wenn
es sportlich mit dem Sieg gegen die Nordiren einen ruhigen Saisonausklang geben
sollte, die Probleme in der Mannschaft sind noch lange nicht ausgemerzt. Die
vergangenen 18 Monate seit der WM haben nicht davon gezeugt, dass es einfach
besser werden kann. Zwar darf der Gruppensieg in einer Gruppe mit den
traditionell starken Niederländern als definitiver Erfolg gefeiert werden,
gleichzeitig ist die Reise aber noch lange nicht am Ende. Wenn aus diesen Spielen jedoch die richtigen Schlüsse gezogen werden, darf man der EM 2020 mit Spielen im eigenen Land durchaus positiv
entgegenblicken.
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