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Artikel veröffentlicht am 09.11.2019 um 06:00 Uhr
Zehn Jahre nach Robert Enke: Gedenkminute - immerhin eine!
An diesem Wochenende jährt sich der Tod von Robert Ende zum zehnten Mal. Groß war die Bestürzung und Trauer seiner Zeit bei der Gedenkfeier in Hannover. Groß waren vor allem auch die Worte des damaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger. Doch die Worte der Menschlichkeit wirken rückblickend schnell verhallt, die Tränen getrocknet und eine Trauerminute dauert am Sonntag eben auch nicht länger als 60 Sekunden.
Von Marco Galuska
#gedENKEminute - die Grafik, heruntergeladen aus dem "Media-Kit"
DFB
Das Rüstzeug findet sich auch auf der Homepage des BFV: Ein „Media-Kit“ mit Grafiken, eine Anleitung für die Schweigeminute beim Spiel sowie Entwürfe für eine Stadiondurchsage und Social-Media-Postings. Wichtig für die Postings und eine größtmögliche Verbreitung sei die Verwendung der einheitlichen Hashtags #gedENKEminute und #Depressionistheilbar.

Soweit die Regieanweisung für das kommende Wochenende, an dem eben nicht nur der 30. Geburtstag der Wiedervereinigung - wer die deutsche Geschichte genauer studiert, weiß noch mehr mit dem 9. November anzufangen - gefeiert wird, sondern "die Fußballfamilie" dem Tod von National-Keeper Robert Enke gedenken möchte. Mit einer GedENK(E)minute, samt Hashtags.

Zehn Jahre nach Enke - und kein bisschen weise


In der Kategorie ungenügend muss man indes die Umsetzung der geforderten Lehren, zu denen Zwanziger abschließend in seiner bewegenden Rede im Stadion von Hannover 96 einst aufgerufen hatte, zehn Jahre später betrachten: "Ein Stück mehr Menschlichkeit, ein Stück mehr Zivilcourage, ein Stück mehr Bekenntnis zur Würde des Menschen, des Nächsten, des anderen. Das wird Robert Enke gerecht."

Es gilt nicht an Jahrestagen die Absolution in einer Gedenkminute erhalten zu wollen. Es gilt die Zeit dazwischen zu betrachten und vielleicht auch einmal nachzulesen, wie der damalige Fußball-Boss Deutschlands die Bischöfin Käßmann zitierte: "Ja, Fußball kann ein starkes Stück Leben sein, wenn wir nicht nur wie Besessene hinter Höchstleistungen herjagen. Wir dürfen uns anstrengen. Ja. Aber nicht um jeden Preis. Den wirklichen Siegerpreis, den werden wir auf Erden nicht empfangen."

Trainerentlassungen wird es auch weiterhin geben, so ist nun mal der Ergebnissport. Fehlentscheidungen eine Schiedsrichters werden in der Videoanlayse mittlerweile noch deutlicher, Fehlgriffe eines Torwarts sowie Fehlpässe und -schüsse der Kicker lassen sich mit immer mehr Kameraeinstellungen noch genauer einfangen, aber auch mit den neuesten Methoden nicht wegtrainieren. In der Perversion, mit der in der immer schneller drehenden Spirale Mutmaßungen und Anmaßungen über diverse Kanäle, über (a)soziale Medien, geteilt, getwittert oder wie auch immer verbreitet werden, bleibt Zwanzigers Botschaft brandaktuell und doch schlicht unerhört: "Denkt nicht nur an den Schein, an dass, was sich dort zeigt, über die Medien verbreitet. Denkt auch an das, was im Menschen ist, an Zweifel und an Schwächen. Fußball ist nicht alles."

Fußball ist nicht alles - Fußball ist weit mehr als reiner Sport

Zwanziger mahnte bei seinen Abschiedsworten in Hannover: "Fußball ist nicht alles. Fußball, meine Damen und Herren, liebe Trauergemeinde, darf nicht alles sein. Das Leben, das uns geschenkt ist, ist vielfältig. Es ist interessant. Es ist lebenswürdig."

BFV-Verbandsspielleiter Josef Janker richtet sich in seiner aktuellen Botschaft zur Gedenkminute an die Vereine mit jenen Worten: „Fußball ist weit mehr als reiner Sport! Keine andere Sportart hat in Deutschland eine vergleichbare gesellschaftliche Relevanz. Daraus folgt natürlich auch eine große gesellschaftliche Verantwortung, die wir als Bayerischer Fußball-Verband gemeinsam mit unseren Vereinen wahrnehmen. Egal, ob es dabei um eine tolerante und weltoffene Gesellschaft geht, ob es darum geht, die Menschen für das Thema Organspende oder den Kampf gegen Leukämie zu sensibilisieren oder wie in diesem Fall ein stärkeres Bewusstsein für die Volkskrankheit Depression zu schaffen.“

Die eine Gedenkminute - der Jahrestag verpflichtet

Es fällt im Rückblick offen gesagt schwer, recht viel mehr zu sehen in der Gedenkminute (den Hashtag mal weggelassen) als eine Verpflichtung, den Jahrestag nicht unorganisiert verstreichen zu lassen und - je nach Selbstreflexion - ein schlechtes bis mieses Gewissen ein wenig abzubauen. Dabei wäre es doch komplett egal, an welchem Tag welches Jubiläum ist, wenn der hehren Worte auch Taten folgen würden. Sicher ist eine Minute des Gedenkens besser als keine. Eine Sensibilisierung für die Krankheit Depression wichtig und hilfreich. Wie oft in den vergangenen zehn Jahren - jedes Jahr liefert 525600 Minuten - an die nachfolgenden Worte von Zwanzigers Trauerrede jedoch gedacht wurde, das darf jeder mit sich selbst ausmachen. Der und die direkt Genannten im besonderen Maße.

"Ein wenig mehr, nach diesen schlimmen Tagen an die Würde des Menschen zu denken. In seiner Vielfalt, nicht nur in seiner Stärke, sondern auch in seiner Schwäche, empfinde ich als Auftrag dieses an sich sinnlosen Sterbens. Wir alle sind dazu aufgerufen, liebe Trauergemeinde, unser Leben wieder zu gestalten, aber in ihm einen Sinn, nicht nur in überbordenden Ehrgeiz zu finden. Maß, Balance, Werte wie Fairplay und Respekt sind gefragt. In allen Bereichen des Systems Fußball. Bei den Funktionären, bei dem DFB, bei den Verbänden, den Clubs, bei mir, aber auch bei Euch liebe Fans. Ihr könnt unglaublich viel dazu tun, wenn ihr bereit seid, aufzustehen gegen Böses. Wenn Ihr bereit seid, Euch zu zeigen, wenn Unrecht geschieht. Wenn Ihr bereit seid, das Kartell der Tabuisierer und Verschweiger einer Gesellschaft (....) zu brechen."

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#gedENKEminute

Am kommenden Sonntag, den 10. November jährt sich der Tod von Robert Enke zum zehnten Mal. Der ehemalige National- und Weltklasse-Keeper nahm sich damals mit 32 Jahren das Leben. Nach seinem Tod wurde bekannt, dass der Profifußballer und Familienvater wegen „Depressionen“ bereits mehrfach in psychiatrischer Behandlung war.

Gemeinsam mit den Profi-Klubs und Amateurvereinen in ganz Deutschland werden auch die bayerischen Verbandsligisten am kommenden Wochenende (8.-10. November) bei ihren Spielen nicht nur des ehemaligen Nationaltorhüters gedenken, sondern auch zusammen mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), der Deutschen Fußball Liga (DFL) und der Robert Enke-Stiftung für die Volkskrankheit „Depression“ und Hilfsmöglichkeiten sensibilisieren.

Geplant ist die „#gedENKEminute - von der Bundesliga bis zur Kreisliga, von den Profis bis zu den Amateuren in ganz Deutschland“ mit einer entsprechenden Stadiondurchsage und Social Media-Postings. Alle Mannschaften auf Bezirks- und Kreisebene sind ebenfalls aufgerufen, sich an der gemeinsamen Aktion zu beteiligen.


Robert-Enke-Stiftung

Die Robert-Enke-Stiftung unterstützt Projekte, Maßnahmen und Einrichtungen, die über Herzkrankheiten von Kindern sowie Depressionskrankheiten aufklären und deren Erforschung oder Behandlung dienen.

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