Thomas "Bulle" Streng im Interview: Mit Glühwein und Plätzchen begann die Karriere - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 31.05.2023 um 07:00 Uhr
Thomas "Bulle" Streng im Interview: Mit Glühwein und Plätzchen begann die Karriere
INTERVIEW Seit vergangenem Wochenende ist Thomas "Bulle" Streng offiziell im "Club 100" des DFB, der besondere Verdienste im Ehrenamt würdigt. Der 59-jährige Fürther ist seit über vier Jahrzehnten ehrenamtlich tätig und bekannt wie ein bunter Hund. Im fussballn.de-Interview der Woche schaut "der Bulle" zurück auf seine bewegte Laufbahn als Torwart und Funktionär - und hat dabei einige Anekdoten zu bieten.
Von Marco Galuska

Hallo Bulle! Thomas nennt dich im Fußball wohl kaum noch jemand, deshalb gleich mal vorab die Frage: Wie kam es eigentlich zu dem Spitznamen?

Thomas "Bulle" Streng (59):
Ich war Torwart in der C-Jugend beim SV Poppenreuth und nach unserem Training hat der Trainer der 1. Mannschaft gefragt, ob ich mich nicht zum Torschusstraining reinstellen würde. Das habe ich gerne gemacht, mit vollem Einsatz, ohne Angst. Und dann hat einer der Müller-Zwillinge, die damals gespielt haben, gesagt: "Mensch, der hält ja bullig!" Und sein Bruder hat gemeint: "Das ist ja auch ein Bulle!" Drei Monate habe ich mich gegen den Spitznamen noch gewehrt, aber später dann auf dem Trikot sogar "Bulle" draufstehen gehabt. Und das hat dann gepasst, ich war ja schon immer etwas stärker... (lacht)

Wer früher mit dem SV Poppenreuth, dem SC Germania oder vor allem in den letzten Jahren mit der SG 1883 und jetzt der SGV 1883 zu tun gehabt hat, wird dich kennen. Welche Funktion hast du aktuell im Verein?

Streng:
Ich leite die Geschäftsstelle bei der SGV. Ehrenamtlich bin ich verantwortlich für den Frauen- und Mädchen-Fußball im Verein, leite organisatorisch die Jugend und bin bei den Herren Platzkassier.

Das vergangene Wochenende war ein spezielles für dich, aber auch für die Fußball-Abteilung der SGV. Gehen wir es mal durch: Die Herren haben den Ligapokal gewonnen!

Streng:
Es freut mich für die Herren, dass es sich zuletzt wieder positiv entwickelt und sich der Weg auszahlt, dass man konsequent auf Spieler setzt, die mit dem Herzen beim Verein sind. Es gab da auch Zeiten, da bin ich ehrlich gesagt nicht so gerne zum Sportplatz gegangen. Jetzt bin ich überzeugt, dass wir den Klassenerhalt schaffen.

Die Frauen haben die Landesliga gesichert, obwohl es eine 1:4-Niederlage gegen die SpVgg Greuther Fürth gab, die als Meister in die Bayernliga aufgestiegen ist.

Streng:
Nach dem Aufstieg ohne Niederlage war der Klassenerhalt jetzt ein weiterer großer Erfolg. In der Landesliga war jedes Spiel auf einem recht hohen Niveau. Auch in dem Spiel haben wir lange gut mitgehalten, erst am Ende dann noch deutlich verloren.

Es gab Blumen für den Meister. Bist du ein guter Verlierer?

Streng:
Wenn du einmal in Poppenreuth Fußball gespielt hast, akzeptierst du, dass du der Schwächere bist! (lacht) Wir haben in meiner Jugend ordentlich Prügel kassiert. Wir waren über Jahre einfach nicht gut, haben aber trotzdem einen großen Zusammenhalt gehabt und wurden dann immer besser. Vor allem in der B-Jugend, da waren viele von uns einmal in der Woche im Tanzkurs und es gab nur noch einmal Fußball-Training. Das hat so viel gebracht von der Koordination, das kann man kaum glauben! In der A-Jugend wurden wir dann sogar Meister - das war der erste Aufstieg einer Poppenreuther Jugendmannschaft überhaupt.

Thomas "Bulle" Streng ehrte seine Aufstiegsmannschaft der Frauen der SGV 1883 und ist auch insgesamt stolz auf die Entwicklung des Mädchen- und Frauenfußballs in seinem Verein, nachdem er 2010 mit vier Spielerinnen begonnen hatte und nun in der Landesliga vertreten ist.
SGV 1883

Du bist seit vielen Jahren vor allem im Frauen-Fußball engagiert. Wie kam es dazu?

Streng:
In Poppenreuth war man da ziemlich früh dran, hatte eine der ersten Frauen-Mannschaften. Das hatte sich aber alles aufgelöst und Mitte der 1990er-Jahre gab es den Wunsch, dass man zumindest eine Kleinfeld-Mannschaft wieder ins Leben ruft. Ich bin dann zur Jahrtausendwende Trainer der Frauen-Mannschaft geworden, nachdem ich zuvor 15 Jahre lang die A-Jugend gemacht hatte. Später beim SC Germania habe ich den Frauen-Fußball aufgebaut und bei der SG dann auch. Dass wir jetzt sogar zwei Damen-Mannschaften und ab nächstes Jahr eine U17 haben, macht mich schon stolz!

Die Frauen des 1. FC Nürnberg sind in die Bundesliga aufgestiegen, der SV Weinberg in die 2. Bundesliga, die SpVgg Greuther Fürth in die Bayernliga. Boomt der Frauen-Fußball in der Region gerade?

Streng:
Es hat sich gewaltig etwas getan! Das sind alles schöne Erfolge, aber - da muss ich dann doch den mahnenden Finger heben - bei den Mädchen ist es leider wieder rückläufig. Die Vereine müssen umdenken und mehr dafür werben. Es wäre so ein großes Potenzial vorhanden. Aber mit der weitgehend vorhandenen Beitragsstruktur lässt sich nicht vernünftig arbeiten. Ich bin der Meinung, dass da viele Vereine ihr Vorgehen überdenken müssten. Wenn man unter 15 Euro Mitgliedsbeitrag verlangt, kann man auch kaum qualifizierte Trainer dafür erwarten. Bei uns gibt es zwar auch keine Gehälter, aber es bekommt zumindest jeder Übungsleiter einen Zuschuss als Aufwandsentschädigung.

Große Ehrung als Kreissieger beim BFV-Ehrenamtspreis 2022 mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf (links), dem Kreisehrenamtsbeauftragter Jörg Salzer (2.v.r.) und dem BFV-Präsident Christoph Kern (rechts).
Philipp Schmatloch/BFV

Im vergangenen Jahr wurdest du Kreissieger Nürnberg/Frankenhöhe beim Ehrenamtspreis des BFV. Wie kam es dazu?

Streng:
 Die Vereine müssen Vorschläge beim Verband einreichen. Mein Verein hat das im letzten Jahr gemacht und der Kreisehrenamtsbeauftragte Jörg Salzer könnte das gar nicht glauben, dass ich in den 40 Jahren nie so eine Auszeichnung bekommen habe. Aber darum ist es mir auch nie gegangen. Ich habe mich nicht in den Vordergrund gedrängt, habe das Ehrenamt einfach immer gerne gemacht, weil ich es als Jugendlicher auch erleben durfte, dass immer Leute für uns da waren, die sich eingesetzt haben. Das waren ganz normale, bescheidene Leute, die sich um uns Kinder gekümmert haben. Das war schon rührend, was ich da erlebt habe, auch in anderen Vereinen. Wenn ich da an den leider schon verstorbenen Georg Sitzmann von der DJK Fürth denke, der hat sogar den Beitrag für finanzschwache Kinder aus der eigenen Tasche bezahlt! 

Jetzt hast du gerade die Auszeichnung für deine ehrenamtliche Tätigkeit erhalten und bist vom DFB in den "Club 100" aufgenommen worden. Wie kommt man dort rein?

Streng:
Zunächst einmal muss man Kreissieger werden, das sind über 300 in Deutschland. Dann werden daraus von einer Jury anhand des persönlichen Werdegangs die 100 besten ausgewählt. In Bayern war ich der Fünfte. Es ist eine schöne Anerkennung, von der auch der Verein profitiert, weil es neben einem Geldbetrag auch Mini-Tore und Bälle gibt. Zudem wurde ich mit meiner Frau nach Bad Gögging eingeladen, darf zu einem Länderspiel und zum Ehrenabend ins Deutsche Fußballmuseum nach Dortmund. Die SpVgg Greuther Fürth hat mich außerdem mit einer VIP-Einladung zu einem Spiel meiner Wahl überrascht, was mich als alten Kleeblatt-Fan besonders freut!

Thomas "Bulle" Streng ist nun offiziell im "Club 100" des DFB für besondere Verdienste im Ehrenamt.
Friedrich Voggenreiter

Dann lass uns den Sprung machen zu deinen fußballerischen Anfängen!

Streng:
Mein Vater hat mich als Kind mit in den Ronhof genommen. Ich saß da Ende der 1960er-Jahre auf der Aschenbahn. Am Anfang hab ich mich nur für meine Matchbox-Autos interessiert, aber irgendwann war dann doch das Interesse groß, was da im Stadion gespielt wird. Eigentlich wollte ich dann auch zur SpVgg, aber das hat mir nicht gefallen und in Poppenreuth, wo wir damals schon gewohnt haben, hat ein Torwart gefehlt. An mein erstes Spiel kann ich mich noch genau erinnern: Wir haben in der D-Jugend beim FSV Stadeln gespielt. Wir haben 2:9 verloren, und es war ziemlich kalt im September. Der Trainer hat uns nicht geschimpft, sondern getröstet. Es gab in der Halbzeit Plätzchen und echten Glühwein, also keinen Kinderpunsch! Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.

Du bist trotz (oder wegen) Glühwein und neun Gegentoren als Torwart dabei geblieben?

Streng:
Ich habe insgesamt 926 Spiele für Poppenreuth und Germania gemacht. Fast immer im Tor, war später mal Mittelstürmer in der 2. Mannschaft. Ab der B-Jugend durfte ich die Elfmeter schießen. Ich war Spielführer und der Zusammenhalt war all die Jahre super. Als ich mal eine schlechte Note in der Schule geschrieben habe, wollte mich meine Mutter nicht zum Fußball lassen, dann kam die Mannschaft und hat sie überredet, dass ich doch mitspielen durfte. Es war eine wunderbare Zeit!

Seit wann bist du im Ehrenamt tätig?

Streng:
Ich habe 1982 in Poppenreuth die C-Jugend übernommen. Damit hat es begonnen. Ich hatte schon alle Ehrenämter, die man sich vorstellen kann, nur 1. Vorstand wollte ich nie machen, weil mir der Fußball immer zu wichtig war und ich das in einem Gesamtverein wohl nicht gerecht hätte vertreten können.

Was ist in den über 40 Jahre Ehrenamt im positiven Sinne besonders in Erinnerung geblieben?

Streng:
Der Zusammenhalt, auch abseits des Platzes, die vielen Fahrten an Fasching oder Pfingsten mit mehreren Bussen. Weihnachtsfeiern mit großer Tombola, bei denen eine ganze Winterlandschaft aufgebaut wurde, in dem man auch die Bäume aufgestellt und zurechtgeschnitten hat, die sich nicht mehr verkauft haben. Ich muss schon sagen, dass die Liebe zum Detail für die Jugend in Poppenreuth sehr ausgeprägt war. Es wurde auch unter den Vereinen noch sehr viel kommuniziert früher, obwohl es die Möglichkeiten von heute nicht gab. Die Kärwaspiele später bei den Herren waren besonders. Gegen Sack kamen mal 800 Zuschauer - und das war in der C-Klasse! Oder die Spiele gegen den ESV Flügelrad, die kamen immer in Fahrgemeinschaften und haben dann bis in die Nacht bei uns im Sportheim mit uns auf den Tischen getanzt. Wenn man sich das überlegt ... Ich war vor kurzer Zeit richtig geschockt, als ein Spieler bei uns gefragt hat, ob das Sportheim diese Gaststätte beim Verein sei. Also da ist im und mit dem Verein früher schon viel mehr gefeiert worden, auch wenn wir es manchmal auch übertrieben haben, so wie bei unseren Fahrten nach Unken in Österreich, wo wir meinten, dass man Whiskey-Cola aus der Gießkanne trinken müsste und dann am nächsten Tag erst gesehen hat, dass da schon einige Algen drin waren.

Der Bulle mit Sonnenbrille: Für ziemlich jeden Spaß war der Keeper beim SV Poppenreuth zu haben.
privat

Und was waren die Enttäuschungen in all den Jahren?

Streng:
Die Art und Weise meines Abschieds aus Poppenreuth war für mich hart. Sportlich gesehen war besonders bitter, dass wir Tabellenzweiter in der B-Klasse waren und dann doch noch am Ende abgestiegen sind. Das hat die Mannschaft dann besonders bewältigt: Wir haben uns mit einer Ouzo-Maß bestraft! Es war dann eh schon ein kaputtes Wochenende, einer ist an der Kirchenmauer gescheitert und dort mit einer Körperhälfte entlang geschrammt. Auch solche Dinge sind in Erinnerung geblieben.

Wenn man über vier Jahrzehnte im Ehrenamt im Fußball tätig ist, braucht es da ein besonders dickes Fell oder jede Menge Humor?

Streng:
Wenn ich so heißblütig geblieben wäre, wie zu Beginn meiner Tätigkeit, hätte ich schon längst meinen ersten Herzinfarkt gehabt! Das war am Anfang schon grenzwertig. Dass ich das abgelegt habe, tut mir gut. Humor hilft, aber man muss Dinge auch einfach mit Anstand akzeptieren, alles andere bringt nichts. Man muss auch Fehler vor dem Sportgericht eingestehen. Eine gewisse Gelassenheit, Rückgrat und Ehrlichkeit kommen gut an. Ich versuche Dinge zu reflektieren, nehme mir Zeit dafür.

Geehrt und auch selbst gerührt: Thomas "Bulle" Streng überreichte der Spielführerin der SpVgg Greuther Fürth zur Meisterschaft einen Blumenstrauß und war dann selbst überwältigt von der Resonanz. 
Friedrich Voggenreiter

Empfindest du diese Auszeichnung als eine späte Anerkennung deiner ehrenamtlichen Tätigkeit?

Streng:
Ich bin nicht das Maß aller Dinge! Ich bin stolz auf jeden, der mitmacht und mithilft, dass wir diese bunte Gesellschaft zusammenkriegen. Das ist ganz schwer und umso wichtiger, dass man einen Zusammenhalt schafft. Es ist schön zu sehen, wenn es klappt. Ich glaube, dass ich dazu auch im richtigen Verein bin. Nachdem ich ja nicht am Anfang meiner Tätigkeit bin, muss man schon schlucken, wenn man realisiert, was da schon alles war. Ich bin überwältigt, wenn es andere so sehen, dass das etwas Besonderes ist. Und es berührt mich sehr, wenn die junge Spielführerin der SpVgg Greuther Fürth zu mir sagt: "Du bist doch der Bulle, dich kennt doch jeder!"

Wie lange wirst du im Verein noch ehrenamtlich tätig sein?

Streng:
Ich mache gerne weiter, solange es gesundheitlich möglich ist. Wenn es nicht mehr so geht, dann werde ich weniger machen, aber ganz aussteigen kann ich nicht, weil das mein Leben ist! Ich habe ja nach der Zeit in Poppenreuth gemeint, dass ich komplett aufhöre, aber das hat nur drei Monate gedauert. Ich werde mir immer etwas suchen, das ich machen kann - bis zum letzten Tag!

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Steckbrief T. Streng

Thomas Streng
Spitzname
Bulle
Alter
60
Geburtsort
Fürth
Wohnort
Fürth
Familie
verheiratet
Nation
Deutschland
Größe
189 cm
Beruf
Kaufmann
Hobbies
Fußball, Garten, Hund, 4 Fische
Starker Fuß
Rechtsfuß
Lieb.-Position
Torwart

von 1975 bis 2010: 926 Einsätze beim SV Poppenreuth und SC Germania Nürnberg



Vereins-Funktionär T. Streng

23/24
SG Vikt. Nbg-Fürth
Jugendleitung
22/23
SG Vikt. Nbg-Fürth
Jugendleitung
21/22
SG Vikt. Nbg-Fürth
Jugendleitung
20/21
SG Vikt. Nbg-Fürth
Jugendleitung
19/21
SG Vikt. Nbg-Fürth
Jugendleitung
19/20
SG Vikt. Nbg-Fürth
Jugendleitung
18/19
SG Vikt. Nbg-Fürth
Jugendleitung
17/18
SG Nürnberg Fürth
Sportlicher Leiter
17/18
SG Nürnberg Fürth
Jugendleitung
16/17
SG Nürnberg Fürth
Jugendleitung
16/17
SG Nürnberg Fürth
Sportlicher Leiter
15/16
SG Nürnberg Fürth
Sportlicher Leiter
15/16
SG Nürnberg Fürth
Jugendleitung
14/15
SG Nürnberg Fürth
Jugendleitung
14/15
SG Nürnberg Fürth
Sportlicher Leiter
13/14
SG Nürnberg Fürth
Jugendleitung
12/13
SG Nürnberg Fürth
Sportlicher Leiter
11/12
SG Nürnberg Fürth
AL Fußball
10/11
SG Nürnberg Fürth
Sportlicher Leiter
09/10
SC Germ. Nürnberg
AL Fußball

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