Manfred Krimm im Interview: "In Cadolzburg ist die Welt etwas mehr in Ordnung" - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 12.10.2022 um 07:00 Uhr
Manfred Krimm im Interview: "In Cadolzburg ist die Welt etwas mehr in Ordnung"
INTERVIEW Ganze neun Spieltage musste der TSV Cadolzburg auf seinen ersten Saisonsieg warten, ehe gegen den KSD Hajduk der Bock umgestoßen werden konnte. Seitdem sind die Sporcher kaum wiederzuerkennen und holten vier Dreier in Folge. Trainer Manfred Krimm wirft im fussballn.de-Interview der Woche einen Blick auf den verrückten Saisonverlauf und gibt Einblicke in den Sporcher Kosmos.
Von Michael Watzinger
Manfred Krimm und der TSV Cadolzburg hatten nach zuletzt vier Siegen in Serie wieder Grund zur Freude.
fussballn.de / Strauch
Hallo Manfred, mit zuletzt vier Siegen in Serie schwimmt der TSV Cadolzburg derzeit auf der Erfolgswelle und verließ dadurch erstmal die Abstiegszone. Wie fühlt sich Euer Lauf für Dich an? Läufst Du derzeit nur noch mit einem breiten Grinsen durch die Gegend?

Manfred Krimm (57):
Ein Dauergrinsen habe ich zwar im Moment nicht aufgelegt, aber natürlich tut es der Seele gut, wenn man erfolgreich ist - egal ob auf der Arbeit oder eben beim Sport. Trotzdem bin ich ja auch schon lange genug als Trainer dabei, um die Situation, beziehungsweise die Höhen und Tiefen während einer Saison, gut einordnen zu können: Man darf in solchen Phasen natürlich auch ein wenig den Moment genießen, sollte aber nicht übermütig werden, genauso wie man während einer Durststrecke nicht den Kopf verlieren sollte.

Neun Spieltage lang habt ihr auf den ersten Saisonsieg warten müssen, seitdem habt ihr ausschließlich Dreier eingefahren. Wie erklärst Du Dir diesen kuriosen Saisonverlauf? Was hat sich zwischenzeitlich verändert?

Krimm:
Ich denke, da kommen mehrere Faktoren zusammen. Zunächst einmal hatten wir während der Vorbereitung und noch weit bis in den September hinein aufgrund von Verletzungen und Urlauben eine sehr dünne Personaldecke, was sich bei unserem schmalen Kader dann freilich noch mal ganz anders bemerkbar macht. Zum Auftakt setzte es dann eine 0:5-Packung gegen die SpVgg Nürnberg und die Woche drauf unterlagen wir Bayern Kickers sehr spät mit 2:3. Dann steht man erstmal ohne Punkte da und kommt in eine Abwärtsspirale rein, das Selbstvertrauen ist nicht mehr so da. Zudem hat uns durch die vielen, auch wiederkehrenden Ausfälle, gegen Ende auch immer wieder die Kraft gefehlt - für ein Team, das giftig und unangenehm sein möchte, keine gute Voraussetzung. Der erste Sieg gegen Hajduk war dann schon ein Brustlöser, vor allem weil wir wieder als absolute Einheit aufgetreten sind und das umgesetzt haben, was uns als Mannschaft in der Vergangenheit stark gemacht. Seitdem ist der Kopf offenbar deutlich freier. (lacht)

Der TSV Cadolzburg ist nach schwachem Start inzwischen auf der Überholspur angelangt und übersprang zuletzt sämtliche Hürden. Die Sporcher feierten vier Siege in Serie und ließen die Abstiegszone so vorerst hinter sich.
fussballn.de / Oßwald

Beeinflussen solche Phasen auch die Denkweise eines Trainers?

Krimm:
Man macht sich ja immer Gedanken und versucht zu helfen. Zur Wahrheit gehört schon auch, dass dann mit Post, Deutenbach und Gutenstetten wirklich schwere Gegner auf uns gewartet haben - der Auftakt war also sicher kein einfacher. Trotzdem kommt man als Coach natürlich ins Grübeln und wählt dann auch mal einen offensiveren Ansatz oder versucht andere Dinge. Wichtig war allerdings aus meiner Sicht, dass wir uns in der schwierigen Phase auch zusammengesetzt, dabei offene Worte gewählt und teilweise auch schwierige Gespräche geführt haben. Wir mussten einfach wieder zu unseren Tugenden und Stärken zurückfinden. Umgekehrt sind wir jetzt in einer Phase, in der ich als Trainer vielleicht gar nicht so wahnsinnig viel reden muss, sondern die Jungs machen lassen kann. Sie haben gesehen, wie es gehen kann und dass es klappt, wenn jeder seine Aufgaben erfüllt.

War dieser Turnaround für Dich im Vorfeld so abzusehen?

Krimm:
Um ganz ehrlich zu sein, zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich: Wir hatten davor ein Abstiegsduell gegen die Turnerschaft Fürth, die sich ja inzwischen mit einer klasse Serie aus dem Keller verabschiedet hat, deutlich mit 0:3 verloren und da wird einem dann schon ein wenig Angst und Bange. Dass wir dann die Woche drauf auf schwierigem Platz beim KSD Hajduk eine rundum hervorragende Mannschaftsleistung abrufen würden und dort den Bock umstoßen könnten, war für mich zu diesem Zeitpunkt im Vorfeld so nicht wirklich abzusehen.

Manfred Krimm (r.) und der TSV Cadolzburg unterlagen bei der Turnerschaft Fürth mit 0:3. Der Turnaround sollte dann eine Woche später gegen den KSD Hajduk kommen. Gerechnet hatte der erfahrene Übungsleiter zu diesem Zeitpunkt nicht mit so einer Wende.
fussballn.de / Gitzing

Inzwischen habt ihr durch Eure Serie die Abstiegszone verlassen und den Anschluss an das Mittelfeld geschafft. Wo siehst Du Deine Truppe im allgemeinen Kreisliga-Vergleich?

Krimm:
Wenn wir das machen, was wir können und wenn wir mit der richtigen Einstellung in die Spiele gehen, sind wir eine Truppe die absolut Kreisliga-Niveau hat. Klar ist auch, dass wir aufgrund unseres schmalen Kaders - wir haben bei der 1. Mannschaft einen Kader, der aus 16, 17 Mann besteht - Ausfälle nicht immer so einfach kompensieren können. Wir müssen uns aber sicher nicht verstecken, das haben wir beim 0:0 in Deutenbach und auch in den vergangenen Jahren ja schon mehrfach bewiesen! Dennoch muss man klar festhalten, dass die Kreisliga noch einmal etwas stärker geworden ist und leistungstechnisch noch einmal enger beisammen liegt. Wenn wir eine normale Saison spielen, sehe ich uns am Ende wohl im Mittelfeld der Liga.

Für Euch geht es zum Abschluss der Hinrunde noch gegen den ASV Veitsbronn, die SGV Nürnberg-Fürth 1883 und Vatanspor. Mit welcher Maßgabe geht ihr in diese Partien und wie lange hält euer toller Lauf noch an?

Krimm:
In der momentanen Lage ist es aus meiner Sicht sinnvoll, den Blick nicht zu weit nach vorne zu richten, sondern von Spiel zu Spiel zu denken. Von daher liegt unser Fokus zunächst einmal ganz klar auf Veitsbronn. Der ASV hat eine gute Truppe, die sicher auf absehbare Zeit auch gerne wieder in die Bezirksliga möchte, insofern erwartet uns eine schwierige Aufgabe. Dennoch haben wir gerade einen super Lauf, auch weil wir in den letzten Spielen auch mal wieder das nötige Quäntchen Spielglück auf unserer Seite hatten. Wir wollen natürlich versuchen, auch gegen Veitsbronn etwas mitzunehmen: Ich hätte sicher nichts dagegen, wenn uns fünf Siege am Stück gelingen würden. (lacht)

Für euch ist es seit dem Wiederaufstieg 2018/19 die dritte Saison in der Kreisliga. Wie siehst Du die jüngste Entwicklung innerhalb des Vereins?

Krimm:
Als ich vor fünf Jahren in Cadolzburg angefangen habe, hatten wir eine Kreisklassen-Truppe, die A-Junioren haben zu diesem Zeitpunkt in der Bezirksoberliga gespielt. Insgesamt sind fünf Jungs aus der Jungend hochgekommen und von diesem Potential leben wir auch im Augenblick gerade noch. In den ersten beiden Kreisliga-Jahren konnten wir uns immer recht weit von der Abstiegszone fernhalten, auch weil wir sehr gut gestartet sind. Jetzt hatten wir andere Vorzeichen und mussten uns in die Saison hineinarbeiten. Nachdem wir das nun gut hinbekommen haben, ist das sicher eine wichtige Erfahrung für diese Spieler - und ich kann sagen, dass die Entwicklung absolut in Ordnung ist. Wenn wir am Saisonende den Klassenerhalt geschafft haben, sogar umso mehr. Trotzdem muss klar sein, dass wir auch immer wieder talentierte Jungs aus dem Juniorenbereich brauchen, gerade weil sich externe Zugänge bei uns ja immer in Grenzen halten. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns nicht über den einen oder anderen auswärtigen Spieler freuen würden - einen erfahrenen Mann mit 30, 32 Jahren und Bezirksliga-Erfahrung, der Verantwortung auf dem Platz übernimmt und Dinge von innen heraus regelt, hätte uns in der schwierigen Phase schon gut getan und so jemanden würde ich sicher mit Kusshand nehmen. (schmunzelt)

Der TSV Cadolzburg geht bewusst den Weg der Kontinuität und vertraut auf den Sporcher Teamgeist.
fussballn.de / Oßwald

Du selbst hast die geringe Fluktuation in Sporch gerade angesprochen. Woher kommt das und ist sie für Dich als Trainer Fluch oder Segen?

Krimm:
Wir als Verein haben ja die klare Haltung, nicht jede Saison aufs Neue Unsummen an Geld in neue Spieler investieren zu wollen, sondern auf Spieler aus der Region und der eigenen Jugend zu setzen. Auch in dieser Saison sind mit Rene Mackeldey und Simon Herzner zwei Jungs aus unserem Nachwuchs bei der 1. Mannschaft mit dabei und mir persönlich gefällt dieser Weg sehr. Natürlich kenne ich aus einiger meiner früheren Stationen auch eine andere Herangehensweise. Dort setzte man sich vor der Saison zusammen und schaute, wo die Kader-Baustellen waren und wie diese zu schließen waren - anschließend wurden ganz gezielt Spieler dafür verpflichtet. Das ist ein völlig anderer Ansatz und eine ganz andere Art der Herausforderung. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich mit der Herangehensweise in Sporch sehr gut leben kann. Wir haben eine tolle Anlage und sind in Sachen Ausstattung - Bälle, Klamotten, etc. - sehr gut aufgestellt und die Jungs spielen hier, weil es ihnen Spaß und Freude macht.

Du selbst bist inzwischen in Deiner fünften Saison in Cadolzburg angekommen. Was macht Sporch für Dich so besonders?

Krimm:
Es ist einfach ein sehr familiär geführter Verein, in dem man sich wohlfühlen kann. Es herrschen hervorragende Rahmenbedingungen und ich erfahre große Unterstützung seitens der Abteilungsleitung durch Sabine Rauch und Klaus Bonath, mit denen sich im Laufe der Jahre auch eine richtige Freundschaft entwickelt hat. Auch während unserer schwierigen Phase waren wir offen und ehrlich zueinander und das findet man auch nicht überall und ich weiß das sehr zu schätzen. Mir gefällt es, dass der Verein bewusst für Kontinuität steht und seinen eigenen Weg geht. Zudem wohne ich fünf Autominuten vom Sportplatz weg und so lässt sich das Traineramt gut mit dem Beruf vereinbaren, was als Außendienstler ja auch nicht immer so einfach ist. Es passt hier einfach für mich.

Manfred Krimm (m.) freut sich über die tollen Rahmenbedingungen und weiß die tolle Zusammenarbeit mit Klaus Bonath (l.) und Sabine Rauch (r.) absolut zu schätzen.
fussballn.de

Als Trainer kannst Du auf viele unterschiedliche Stationen (u.a. ASV Zirndorf, FSV Erlangen-Bruck, SV Schwaig, TSV Buch, ASC Boxdorf, SpVgg Mögeldorf) und Erfahrungen zurückblicken. Was hat sich in all den Jahren aus Deiner Sicht für einen Trainer verändert?

Krimm:
Zunächst einmal vermeide ich es, meinen Spielern gegenüber das Wort "früher" zu verwenden! Es hat noch nie jemandem geholfen, wenn man großartig Geschichten aus der Vergangenheit erzählt und was alles anders oder besser war... Klar ist aber auch, wenn ich als Trainer so reden und so trainieren lassen würde wie in der Vergangenheit, hätte ich nach ein paar Wochen wohl keine Spieler mehr! (lacht). Man muss sich als Trainer im Laufe der Jahre schon auch immer ein Stück weit neu erfinden und am Puls der Zeit bleiben. Fußball steht nicht mehr für jeden so im Zentrum, wie es vielleicht mal der Fall war. Es sind andere Grundvoraussetzungen, unter denen man arbeitet. Trotzdem macht die Arbeit mit den Jungs einfach großen Spaß - und in Cadolzburg ist die Welt vielleicht auch noch ein bisschen mehr in Ordnung als woanders: Ein paar der Jungs haben sich am letzten Freitag mit einem Leiterwagen am Sportplatz getroffen und sind dann zusammen auf Deberndorfer Kärwa gegangen - so etwas hat für mich nach wie vor seinen Charme und gehört auch zum Amateurfußball dazu.

TSV Cadolzburg on Tour: Mit vier Siegen in Serie hatten die Sporcher am vergangenen Freitag allen Grund zum Feiern.
privat


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9
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