"Hopp! Auf geht's! Die Eistonne wartet!" Bernd Eigner war unerbittlich. Gar zu gerne hätten seine Spieler nach dem 3:0 gegen den FSV Erlangen-Bruck noch einen Plausch mit der Familie, ein Bierchen mit Freunden oder einfach das Bad in der Menge genossen. Aber der Trainer hatte ein anders Badevergnügen vorgesehen. Ein eiskaltes! Eines, das den Muskeln beim Regenerieren hilft! Eines für die Zukunft! "Wir haben noch nichts erreicht", machte der 43-Jährige im Gespräch nach Spielschluss klar. Da hatte seine Elf gerade mit 3:0 gewonnen. Die Bayernliga-Träume keimten mehr denn je!
Bevor sie wahr werden können, wartet aber erst einmal ein Rückspiel in Erlangen-Bruck und dann eine zweite Runde. Deswegen gewinnen ja, genießen kurz und dann ab in die Tonne. "Wir wollen ja am Samstag fit sein", lachte Bernd Eigner. Seinem Gegenüber Normann Wagner dürfte das weniger gefallen. Nachdem er seinem Frust über das Schiedsrichtergespann - "Die haben uns von der ersten bis zur 90. Minute benachteiligt!" - freien Lauf gelassen hatte, blickte er der bitteren Realität, die am Samstag droht, in die Augen. "Wir müssten ja mindestens vier Tore machen und die gelingen dir gegen Sand nicht im Vorbeigehen."
Keine Tiefstapelei! Schließlich ist der FSV im Lauf der Bayernliga-Saison nicht als Tormaschine auffällig geworden. Man hat in 34 Spielen gerade 37 Mal getroffen. Am häufigsten beim 3:2 gegen die U23 von Jahn Regensburg am letzten Spieltag! Vier Tore in einer Begegnung, das wäre eine Premiere, an die keiner mehr so recht glauben mochte.
Dominik Biemer klärt nach einer Flanke energisch.
Marco Heumann
Vielleicht zu Recht! Schließlich präsentierten sich die Gäste in Sand weitgehend harm- und gefahrlos vor dem gegnerischen Kasten. Normann Wagner hatte wie sein Gegenüber Bernd Eigner dem Team das Vertrauen geschenkt, das am vergangenen Wochenende im letzten Spiel der regulären Saison auf dem Platz stand. Das legte einen Start hin, der durchaus Hoffnung machte. Nach hinten machte man, dirigiert von der routinierten Doppelsechs Dave Wägner und Aubrey Dolan, geschickt die Räume eng und ließ den FC Sand nicht zur Entfaltung kommen. Nach vorne profitierte man von Ungenauigkeiten im Aufbauspiel der Gastgeber und erspielte sich zahlreiche Standards aus dem Halbfeld, die immer wieder gefährlich in den Strafraum geschlagen wurden. Eine Großchance sprang aber dabei nicht heraus, sondern nur eine optische Überlegenheit. "Wir waren da noch ein wenig im Landesliga-Modus", fasste Bernd Eigner die Anfangsphase zusammen. Nach 20 Minuten bekam sein Team dann mehr und mehr die Kontrolle übers Spiel. Stefan Wasser, dessen Einsatz nach einer Kopfverletzung vom Wochenende fraglich war, und Florian Pickel brachten Ruhe und Struktur in die Aktionen. Und in der Spitze übte der unermüdlich anlaufende André Karmann mehr und mehr Druck auf die Hintermannschaft des FSV auf. Doch außer einem verzogenen Schuss des Ersatzstürmers - der die langzeitverletzten Daniel Rinbergas und Peter Heyer wieder einmal hervorragend vertrat - und insgesamt fünf Ecken, die im Niemandsland endeten, sprang nichts Zählbares heraus.
Bis zur 30. Minute. Erneut war André Karmann der Ausgangspunkt. Diesmal mit einem langen Einwurf, der von rechts in den Strafraum des FSV segelte, wo er aufsprang und dann von Florian Pickel in bester Mittelstürmer-Manier verarbeitet wurde. Mit viel Körpereinsatz und großem Geschick behauptete der Ex-Bamberger den Ball und drehte sich um seinen Gegenspieler herum, um aus etwa acht Metern unhaltbar einschießen zu können. Zu diesemZeitpunkt ein Tor wie aus dem heiteren Himmel. Aber auch eine Art Weckruf für den FC Sand. Plötzlich lief das Angriffsspiel. Dennoch brauchte es für das 2:0 einen weiteren Standard. Diesmal tauschten die Protagonisten des 1:0 die Rollen. Florian Pickel brachte einen Freistoß von rechts mit dem linken Fuß und viel Gefühl nach innen. André Karmann startete in die Flanke hinein. "Er wollte dieses Tor unbedingt machen", beschrieb Bernd Eigner die Szene mehr als treffend. Hoch in der Luft erwischte der Aushilfsangreifer den Ball mit dem Kopf und platzierte ihn erneut unhaltbar ins rechte untere Eck. Ein Tiefschlag kurz vor dem Pausenpfiff!
Leondrit Maraj schirmt den Ball vor Danny Schlereth ab.
Marco Heumann
Einer, an dem der FSV auch nach dem Wechsel noch ein wenig zu knabbern hatte. Zwar versuchten die Gäste, Druck aufzubauen, aber es gelang ihnen einfach nicht, die kompakte Sander Defensive um den jetzt immer stärker werdenden Stefan Wasser aus dem Konzept oder gar ins Schwimmen zu bringen. Das passierte eher der eigenen Hintermannschaft. Zwischen der 55. und 60. Minute hätte der FCS gut alles klar machen können. Es gab Chancen nahezu im Minutentakt, die aber vergeben wurden. Die Hausherren waren jetzt eindeutig der Herr im Haus. Sie kontrollierten die Partie aus einer sicher stehenden Zentrale heraus. Die meist langen Bälle der Brucker wurden problemlos - vor allem von Stefan Wasser und Dominic Leim - abgefangen. Der Mannschaft von Normann Wagner, der mit Hakim Graine längst einen dritten Angreifer gebracht hatte, fehlte es an Tempo aber auch an Ideen, um die Sander in ernsthafte Probleme bringen zu können. Ein wenig kritisch wurde es für die Jungs von Bernd Eigner erst eine Viertelstunde vor Schluss. Die Kräfte ließen ein wenig nach. Man agierte etwas nachlässig und mit einem Tick weniger Laufaufwand. Und plötzlich gab es Chancen. Die beste, als der ansonsten starke Danny Schlereth unter einem Ball durchtrat und Leondrit Maraj aus gut 16 Metern frei zu Schuss kam, aber vom beherzt nachsetzenden Danny Schlereth gerade noch geblockt wurde. Der Nachschuss von Patrick Mai war dann kein Problem für Dominik Biemer. Allzulange dauerte die Drangphase jedoch nicht, dann befreiten sich die Gastgeber im Stil einer Klassemannschaft aus der drohenden Umklammerung. Und zwar mit einer Szene, die Bernd Eigner mit einem Satz auf den Punkt brachte: "Das Tor von Thorsten Schlereth war alleine das Eintrittsgeld wert." Weil aber der eine oder andere, der das hier liest nicht dabei war, hier noch ein wenig mehr vom 3:0. Sebastian Götz hatte den kurz zuvor eingewechselten Thorsten Schlereth mit einem langen Pass auf die rechte Außenbahn auf die Reise geschickt. Der Ex-Augsfelder pflückte den Ball fast schon artistisch, aber mit ganz viel Gefühl mit seinem rechten Fuß so aus der Luft, dass er direkt in seinem Laufweg landete. Und dann zog er mit den bekannten Siebenmeilen-Schritten los. Nicht zu stoppen! Den herbeigeeilten FSV-Abwehrspielern und Keeper Markus Pröll blieb nur das Nachsehen. Thorsten Schlereth dagegen verschwand in einer Jubeltraube. Sein Glanzstück hatte die Tür zur Bayernliga ein gutes Stück weiter aufgestoßen.
Den ersten Schritt durch diese Tür durch sollte der FC Sand am Samstag machen. Ohne, dass es überheblich klingt, wäre alles andere als ein Weiterkommen der Jungs von Bernd Eigner eine der größten Sensationen, die es in den vergangenen Jahren im regionalen Fußball gegeben hat. Zu stark und zu selbstbewusst traten die Gastgeber auf. "Sie waren gut und wenn man auf die Punktzahl schaut, die sie in der Saison erreicht haben, dann haben sie es auch verdient", zollte Normann Wagner dem Gegner nach dem Schlusspfiff bei aller Wut auf den Schiedsrichter auch Respekt. Wohlwissend, dass sein FSV sich wohl aus der Bayernliga verabschieden muss. Oder um im Bild von oben zu bleiben: In Bruck kann man Liga Fünf am Wochenende wohl in die Tonne treten.
Spielbericht eingestellt am 27.05.2015 22:26 Uhr