Von Michael Kämmerer
Der Aushilfstorhüter verlebt gegen seinen Ex-Verein einen ruhigen Nachmittag
TG Höchberg – TSV Abtswind 0:5 (0:1)
Das Spitzenspiel der Landesliga hielt seine Spannung nur bis kurz nach der Halbzeit: Innerhalb von drei Minuten entschied sich die Partie zu Gunsten des Tabellenführers TSV Abtswind, nachdem die TG Höchberg als Überraschungsfünfter einen Platzverweis gesehen prompt ein Gegentor kassiert hatte. Adrian Dußler, Jürgen Endres und Peter Mrugalla zeigten sich gut aufgelegt. Im Tor stand ein Oldie.
Manchmal gibt es ganz besondere Zufälle. Timo Katzenberger hat damit seine Erfahrung gemacht. Der 42-Jährige ist Torwarttrainer des TSV Abtswind. Er trimmt die Keeper, damit sie möglichst wenig Gegentreffer kassieren. Jenseits der vierzig ist das eine sinnvolle Beschäftigung für einen, der eine erfolgreiche Laufbahn in den ambitionierten Amateurligen hinter sich hat. Katzenberger war in den neunziger Jahren und kurz nach der Jahrtausendwende eine große Nummer zwischen den Pfosten. Seine Reflexe waren in ganz Nordbayern bekannt. In der Vereinschronik der TG Höchberg, bei der er seine Glanzzeit hatte, liest sich das auszugsweise so: „Matchwinner war Keeper Timo Katzenberger, der in der Schlussphase zweimal glänzend parierte. ‚Die Katze‘ hielt den Sieg fest, und Höchberg feierte den dritten Sieg in Folge.“ Der Bericht zum Landesligaspiel gegen den FC Adler Weidhausen stammt vom September 1997. Zwanzig Jahre später ist Katzenberger allenfalls Torhüter auf Abruf. Wenn einer fehlt, setzt er sich zur Sicherheit auf die Bank. Wenn in der Reservemannschaft unbedingt ein Schlussmann gebraucht wird, springt er ein. Wenn jedoch Stammtorwart Julian Schneider und Ersatzmann Patrick Hefner zur selben Zeit auf Reisen sind, gleicht das einer Ausnahmesituation.
Da passte es ins Bild, dass Timo Katzenberger ausgerechnet gegen seinen Ex-Verein das Abtswinder Gehäuse hüten musste. Höchbergs Stadionsprecher Ralph Gerlich stockte am Samstag einen Moment die Stimme, als er die Mannschaftsaufstellungen vorlas und zu seiner Überraschung den alten Kämpen entdeckte. „Ich hatte ein Kribbeln im Bauch“, gab Katzenberger später nach seiner Landesliga-Premiere im Abtswinder Trikot zu. Einen Tag nach seinem 42. Geburtstag („Bei der Feier musste ich mich zurückhalten“) wahrte der Nothelfer sogar seine weiße Weste – was auch daran lag, dass kaum etwas auf seinen Kasten kam. „Ich hatte an die Mannschaft appelliert, dass wir ihm alle helfen, damit er nicht so viel zu tun bekommt“, sagte Trainer Petr Skarabela. Ob er Bedenken hatte, den Oldie ins Tor zu stellen? „Ja, weil Timo am Tag zuvor Geburtstag hatte“, lachte Skarabela. Der Übungsleiter hatte nach dem überragenden 5:0-Erfog auch allen Grund zur Freude, und dabei hatte Katzenberger auch noch einen geruhsamen Nachmittag verlebt. Seine Mannschaft lobte Skarabela in den höchsten Tönen. Besonders Jürgen Endres, Adrian Dußler und Peter Mrugalla erwischten einen „Sahnetag“, wie Skarabela den Spielverlauf charakterisierte.
Überraschend stand Jürgen Endres als zweiter Stürmer auf dem Platz. Es war eine Überlegung Skarabelas, die sich auszahlte. Während Mrugalla mit seiner Schnelligkeit viel Bewegung ins Spiel brachte und zwei Tore erzielte, machte Endres vorne die Bälle fest. Adrian Dußler trieb das Spiel aus dem Mittelfeld an und stieß immer wieder nach vorne, um bei drei Treffern als Vorbereiter zu glänzen und einmal selbst einzuschieben. Dafür musste Skarabela die schwere Entscheidung treffen, mit Pascal Kamolz, Steffen Barthel und Daniel Endres geballte Offensivkraft auf die Bank zu setzen. Alle fünf Treffer waren keine Zufallsprodukte, sondern fein herausgespielt. Im ersten Durchgang kam Abtswind noch verhalten vor das Höchberger Tor, dafür aber ungemein effektiv: Beim einzigen gefährlichen Vorstoß zog Adrian Dußler die Abwehr auf sich. Den Schuss parierte Torwart Tobias Weihs, ehe Peter Mrugalla erfolgreich zur 1:0-Führung nachsetzte (28. Minute). Bis in die zweite Halbzeit hielten sich die Unterschiede in Grenzen zwischen dem Spitzenreiter und dem aufstrebenden Tabellenfünften, der in der Vorsaison bis zuletzt um den Klassenverbleib gebangt hatte und nun bereits so viele Zähler auf dem Konto hat wie damals am 25. Spieltag. „Wir sind vergangenes Jahr einen harten und riskanten Weg mit jungen Spielern gegangen. Das zahlt sich inzwischen aus“, sagte Höchbergs Trainer Thomas Kaiser.
Die entscheidende Phase der Begegnung begann in der 52. Minute, als Tim Popp einen aussichtsreichen Konter für die Hausherren vermasselte. Im Gegenzug foulte Jeffrey Karl Abtswinds Philipp Hummel und sah Rot (53.). Augenblicke später traf Nicolas Wirsching zum 2:0 (54.). „Danke, Schiedsrichter!“, kommentierte Thomas Kaiser die Ereignisse von der Seitenlinie bissig. „Ich kann den Platzverweis nicht nachvollziehen. Für mich war es eine klare Fehlentscheidung“, erklärte der 39-Jährige später. Mit zehn Mann war es um die Gastgeber geschehen. Von da an kam der Qualitätsunterschied umso deutlicher zum Vorschein. „Wir sind eben noch keine Mannschaft, die sich unter den ersten Fünf sieht“, sagte Kaiser. „Daher überrascht mich das Ergebnis aufgrund der Unterzahl nicht.“ Adrian Dußler, Pascal Kamolz und Peter Mrugalla stellten innerhalb von zwanzig Minuten gegen die arg bedienten Höchberger auf den 5:0-Endstand. Ein einziges Mal musste Timo Katzenberger überhaupt energisch eingreifen, als mit Mathias Brunsch der eigene Mitspieler den Ball aufs Tor köpfte. Doch in der Situation kurz vor der Halbzeitpause stand Höchbergs Tobias Riedner im Abseits. Den Hechtsprung ins Eck hätte es gar nicht gebraucht. „Ich hoffe, ich stehe nicht mehr so schnell im Tor“, sagte Katzenberger.
Spielbericht eingestellt am 01.10.2017 14:16 Uhr