Von Michael Kämmerer
Nein, das kann nicht der Anspruch sein, den der ambitionierte TSV Abtswind an sich stellt. Bei allem Respekt vor einem beherzt auftretenden Gegner wie dem FC Leinach, aber ein 1:1-Unentschieden gegen ein Team aus der zweiten Tabellenhälfte kommt einer gefühlten Niederlage gleich, welche die Aussichten auf den Aufstieg schmälert. Ein Blick auf die bittere Realität. Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel sollte Berthold Göbel ein Versprechen geben. Ob er denn garantieren könne, wurde der Trainer des FC Leinach gefragt, dass seine Mannschaft in den kommenden zwei Begegnungen mit demselben Engagement und derselben Leistung auftreten und obendrein nicht minder erfolgreich abschneiden werde. „Selbstverständlich“, sagte der 46-Jährige und gab ein verschmitztes Lächeln preis. Dafür setzte es begeisterten Applaus und Bravo-Rufe aus dem Abtswinder Publikum, das der Gesprächsrunde nach dem Schlusspfiff lauschte. Die Tragweite von Göbels Antwort erschließt sich erst, wenn man einen Blick auf den Spielplan der Leinacher wirft. Keine Geringeren als Bamberg und Sand, die Anführer des Landesliga-Tableaus, heißen die nächsten beiden Gegner. Als Anhänger des TSV Abtswind klammert man sich an Hoffnungen wie diese, dass auch das Spitzenduo gegen Underdogs Punkte liegen lassen möge – vor allem wenn es schon die eigenen Lieblinge nicht schaffen, sich gegen die Nachhut durchzusetzen. „Wir haben nichts zu verschenken, wir wollen nicht untergehen“, bekräftigte Berthold Göbel mit Blick auf die nahe Zukunft. Diese Parole hatte für die Leinacher auch am Samstag bei ihrem Auftritt in Abtswind gegolten. Doch was der Schlüssel für das unvermutete 1:1 gewesen sein könnte, darüber entbrannte bei ebendieser Pressekonferenz ein kleiner, freundschaftlicher Expertenstreit unter Kollegen. Abtswinds Trainer Thorsten Götzelmann machte dafür die Schwächen seiner eigenen Truppe verantwortlich, die „70 Prozent von dem, was wir eigentlich können“ abgerufen hatte. Berthold Göbel mochte freilich die Stärken seiner Jungs hervorgehoben wissen, die sich das Unentschieden mit viel Einsatz verdient hatten. Sei’s drum. Wie so oft im Leben dürfte die Wahrheit irgendwo in der Mitte gelegen haben. Unstrittig war dagegen, wie sprunghaft Abtswind im Vergleich zum rauschenden 5:0-Erfolg über Viktoria Kahl zwei Wochen zuvor sein konnte. Im Nachhinein mag man spekulieren, ob die Pause über Ostern den Rhythmus gekostet haben könnte oder ob das harte und intensive Training in der spielfreien Zeit nicht doch das körperliche Rüstzeug geschaffen hat, um im Saisonendspurt den längeren Atem zu besitzen. Thorsten Götzelmann konnte sich auf die Niederlage jedenfalls seinen Reim machen: „Das war reine Kopfsache. Mancher hat sich das Ganze zu einfach vorgestellt.“ So ist das eben, wenn die Gegner aus der hinteren Tabellenhälfte daherkommen und aufmucken und auf der anderen Seite Bruder Leichtfuß der zwölfte Mitspieler ist. So muss man als Abtswinder bedauernd feststellen, dass bei so viel Liederlichkeit der enge Kontakt zu den zwei Oberen inzwischen abgerissen ist. „Gegen die Spitzenmannschaften spielt man am liebsten, egal wann, egal wo“, stellte Leinachs Trainer Göbel mit unerschrockener Forschheit fest. Und wenn es nach ihm geht, gibt es derer auch nur drei in dieser Klasse: „Der Rest gehört vom Niveau in die Bezirksoberliga.“ Wenn es die denn noch gäbe. So gerieten die beiden Trainer bei der Pressekonferenz ins Plaudern. Ein launiger Dialog zwischen Fußballfachmännern. Von Berthold Göbel auf den „tollen, großen Kader“ angesprochen, kritzelte Thorsten Götzelmann in der vor ihm liegenden Aufstellung flugs einen Kugelschreiber-Kringel um seinen Namen, um zu verdeutlichen, wie es derzeit um die Personalsituation bestellt ist, wenn ein 42-Jähriger, nämlich er höchstselbst, als dritter Auswechselspieler im Aufgebot steht. Als Ausrede mochte er die Verletzten nicht verstanden wissen. Auch so hatte sein Team Format. Nur brachte es das eben nicht auf den Platz. Die Ideen mochten vielleicht gut gewesen sein, doch die Ausführung blieb mangelhaft. Der einzige Abtswinder Aha-Effekt im ersten Durchgang war ein Pascal-Kamolz-Schuss, dessen Leinachs Schlussmann Daniel Hofmann sich mit erhobenen Händen erwehrte (25.). Sonst gab es auch vor der Pause schon manche Schrecksekunde, weil die Gäste so ganz unerschrocken waren: Frederic Brendel etwa zog einen Freistoß aus der eigenen Hälfte derart frech aufs Gehäuse, dass der Abtswinder Ballfänger Florian Warschecha mal eben darunter herflog (9.). Daniel Bufe, Leinachs Paradestürmer, hielt später nach einem langen Abschlag drauf (34.). Viele Chancen lässt sich dieser Bufe, mit Betonung auf dem E, generell nicht entgehen. So schob er in der 58. Minute den Fuß gegen den von Fabian Lichtlein kommenden Ball und traf zur 1:0-Führung der Gäste. Mit der Passivität Abtswinds musste es ab sofort vorüber sein. Und in der Tat kam nun Leben ins Spiel. Viel Zeit verging nicht, bis Pascal Kamolz auf Vorlage von Jürgen Endres zum Ausgleich abschloss (63.). Dass der Abtswinder Angreifer sich sputete, um das Leder aus dem Netz zu holen und zum Anstoßpunkt zu tragen, sollte deutlich machen: Jetzt geht was. Abtswind nahm Fahrt auf und wandelte seine Energie in Druck. Manche Vollversammlung im Leinacher Sechzehner löste sich erst auf, als der Ball aus der Gefahrenzone gedroschen wurde. Zum Äußersten kam es jedoch nicht. Im Gegenteil: Um einen Konter zu stoppen, warf sich Nicolas Wirsching mit dem Kopf im Tiefparterre Leinachs Fabian Lichtlein in den Weg. Neben Gelb handelte sich der Abtswinder seine Auswechslung und ziemliche Kopfschmerzen ein (80.). Als Florian Warschecha fünf Minuten vor dem Ende den Schuss von Manuel Scheller entschärfte, musste man in Abtswind sogar ein Stück weit froh sein, dass sich das 1:1 als gefühlte Niederlage nicht noch in eine tatsächliche Schmach verwandelt hatte.
Spielbericht eingestellt am 13.04.2015 10:41 Uhr