Von Michael Kämmerer
Die Qualitätsunterschiede sind offenbar größer als vermutet. Abtswind muss sich bei der Niederlage in Sand vorführen lassen und mindert vorerst seine Aussichten auf einen lukrativen Tabellenplatz.
Weg, einfach nur weg. Die Spieler des TSV Abtswind wollten den Ort der Schmach so schnell wie möglich verlassen: duschen, umziehen, ab ins Auto. Keine zwanzig Minuten nach dem Schlusspfiff war der Gästetross aus dem Sander Seestadion wieder abgereist – so leise, spurlos und unscheinbar, wie sich die Mannschaft zuvor in weiten Teilen über die Rasenfläche bewegt hatte. Gedemütigt zogen sie von dannen, eingehüllt in die hereinbrechende Nacht. Mancher schmiedete Pläne für den Abend, um das Erlebte fürs Erste zu vergessen.
Die 1:3-Niederlage gegen den FC Sand wird sich freilich nicht so rasch aus dem Gedächtnis radieren lassen. Abtswinds Trainer Thorsten Götzelmann, der im Nachgang mit den Worten rang, um die Partie in eine geschliffene Analyse zu fassen, wird an den kommenden Trainingstagen, so ist anzunehmen, jeden Fehler seiner Akteure schonungslos Revue passieren lassen.
Die gegenwärtigen Qualitätsunterschiede zwischen Sand und Abtswind sind allem Anschein nach größer, als es sich einige ausgemalt hatten. Während die Mannschaft aus den Haßbergen ihre Stärke am Freitagabend ungeniert zur Schau stellte, wurden die Abtswinder phasenweise vorgeführt. Der Tag des Aufeinandertreffens hätte trefflicher nicht gewählt sein können: Die Niederlage glich einem Himmelfahrtskommando.
Der aktuelle Leistungsstand macht die Sander zum unbestrittenen Favoriten auf den Gewinn der Meisterschaft. Abtswind wird bis auf Weiteres zusehen müssen, seinen Platz zwischen den Tabellenrängen drei und sechs zu finden. „Für mich wäre der dritte Platz am Ende eine sehr gute sportliche Leistung“, hatte Götzelmann einige Tage zuvor geäußert.
Auf drei Positionen hatte er seine erstmals derart deutlich ausgeprägte 4-1-4-1-Formation für die Begegnung in Sand umgebaut: Kim Kruezi, Fabian Mauderer und der durch Urlaub abwesende Jürgen Endres waren Peter Mrugalla, Constantin Paunescu und Nicolas Wirsching gewichen. Pascal Kamolz fiel infolge einer eitrigen Mandelentzündung aus. Selbst die Partie stand eine Stunde vor dem Anstoß kurzzeitig auf der Kippe, als heftiger Regen den Platz flutete. Doch bis zum Spielbeginn waren die unheilvollen Wolken weitergezogen. Der übrige Niesel blieb für den Rasen zu ertragen.
Für Abtswind wurden die gefährlichen Vorboten überaus schnell sichtbar. Florian Gundelsheimer, herrlich in Szene gebracht, stand mit einem Mal vor Schlussmann Oliver Scheufens und schob nur um wenige Zentimeter am Tor vorbei (4. Minute). Der Vorbereiter Sven Wieczorek, dieser kleine, wuselige Mann, machte Abtswind noch häufiger Sorgen. Über ihn lief das Sander Spiel im Vorwärtsgang. Er verteilte die Bälle in die Spitze und zog das Tempo an. Abtswinds Tolga Arayici konnte ihn in der 25. Minute nur auf Kosten einer Gelben Karte bremsen – ein Umstand, der später noch eine Rolle spielen sollte.
Nach einer halben Stunde war es zum ersten Mal um die Abtswinder geschehen: Einwurf Danny Schlereth, Flanke Florian Pickel, Kopfball Daniel Rinbergas – drin war das Ding. Die Gäste waren durchgeschüttelt, aber längst nicht wachgerüttelt. Kurz darauf köpfte Gundelsheimer an den Pfosten, und der im Abseits stehende Peter Heyer drückte das Leder im Nachsetzen ein – kein Tor. Vorerst nicht.
In der 37. Minute flankte mal wieder der überragende Wieczorek. Nun war Heyer in seinem Element. Der Kopfball – schon wieder! – passte nicht nur, er zählte auch. Mit dem 0:2 aus Sicht der Abtswinder waren die Unglücksmomente vor der Pause noch nicht ausgestanden. Es wurde schmerzhaft im körperlichen Sinne, und zwar für Sven Gibfried. Der zähe Verteidiger stürzte nach einem Luftduell tief und landete auf der Schulter. Seine Auswechslung war unvermeidbar (42.).
„Wir haben in der ersten Hälfte nicht so gespielt, um Sand Grenzen aufzeigen zu können, hätten stattdessen viel energischer gegen den Ball agieren müssen“, sagte Thorsten Götzelmann, der anschließend Fabian Mauderer für den nicht fitten Nicolas Wirsching in die Partie brachte. Der Eingewechselte folgte seiner Bestimmung, zog nach Arayicis Zuspiel über die linke Seite davon, ehe Sands Torhüter Peter Kundmüller seinen Lauf jäh unterbrach. Die Rote Karte folgte der Notbremse auf dem Fuß (56.). Jörg Ottos anschließender Freistoß, knapp über das Gestänge geflogen, versprühte auf Seiten der Gäste zum ersten Mal einen Hauch von Gefahr.
Der Platzverweis war in der Tat das Beste, was dem bislang einseitigen Spiel passieren konnte, um den neutralen Zuschauern die Spannung zurückzugeben, den Abtswindern einen Funken Hoffnung und den Sandern eine Portion Stress. Die Partie änderte ihre Richtung. Mehr als eine halbe Stunde vor dem Ende bot sich den Abtswindern augenscheinlich die letzte Gelegenheit, um die Wende einzuleiten. Und so trat die Elf nun auch endlich auf. Thorsten Götzelmann verkürzte die Abwehrkette um ein Glied, tauschte Przemyslaw Szuszkiewicz gegen Michael Herrmann. Der brachte im offensiven Mittelfeld Schwung in die Geschichte, selbst nachdem Tolga Arayici wegen erneuten Foulspiels mit Gelb-Rot suspendiert worden war (71.).
Abtswind stürmte drauflos, blieb auch im personellen Gleichstand energischer und vehementer. Sand zog Gelbe Karten im Dreiminutentakt. Peter Mrugallas Kopfball-Großchance landete genau in den Händen des frischen Sander Keepers Dominik Biemer (75.). Das hätte es sein können, ja vielleicht auch müssen. Endgültig verloren war das Spiel mit dem 0:3 durch Peter Heyer. Der hob den Ball über den herauslaufenden Oliver Scheufens und köpfte keck ins leere Tor (89.). Dass Abtswinds Michael Herrmann noch traf, blieb nicht viel mehr als eine Randnotiz (90.+2).
Spielbericht eingestellt am 20.08.2014 00:21 Uhr