Schlangen vor den Kassenhäuschen in Frohnlach! „Als Spieler kannte ich das ja“, scherzte Dieter Kurth nach dem Spiel. Damals waren zu Bayernliga-Zeiten mehr als 1000 Besucher keine Besonderheit. Heute schon! 1200 Besucher hatten sich aufgemacht, um am Mittwochabend die beiden derzeit besten oberfränkischen Teams unter die Lupe zu nehmen. Eine stimmungsvolle Kulisse, die zufrieden nach Hause gehen konnte. Der VfL Frohnlach und der FC Eintracht Bamberg boten gute Unterhaltung. Vor allem nach der Pause als der Respekt voreinander mehr und mehr dem Mut zur Attacke wich und sich ein offener Schlagabtausch mit je einem richtigen, einem aberkannten Treffer und zahlreichen Chancen auf beiden Seiten entwickelte.
Gäste-Coach Christoph Starke vertraute dabei der gleichen Mannschaft, die am Samstag einen 3:1-Sieg gegen den SV Seligenporten erreicht hatte. Dieter Kurth dagegen änderte seine Formation gegenüber dem 3:3 beim FC 05 Schweinfurt auf zwei Positionen. Sinan Bulat und Sebastian Hofmann nahmen zunächst nur auf der Bank Platz. Für sie rückten Christian Brandt und André Zapf zurück in die Startformation. André Zapf besetzte seinen etatmäßigen Posten auf der rechten Außenbahn der Vierer-Abwehrkette. Für ihn wechselte Jakob Engelmann auf links. Kristian Böhnlein rutschte eine Position nach vorne und besetzte die offensive linke Außenbahn.
Wie schon in Schweinfurt setzte Dieter Kurth erneut auf ein System mit zwei Stürmern (Paul Scheller und Thomas Karg), während beim FC Eintracht die einzige Sturmspitze Peter Heyer von der offensiven Dreierreihe mit Florian Pickel (links), Alexander Deptalla (rechts) und Stefan Herl auf der Zehnerposition unterstützt wurde.
Der Frohnlacher Christian Brandt (re.) behauptet den Ball gegen den Bamberger Christoph Herl.
Jens Gundermann
Nach verhaltenem Beginn setzte der Neuzugang nach Bayreuth ein erstes Ausrufezeichen. Nach einem schönen Diagonalpass zog er aus gut 16 Metern halbrechter Position ab. Christian Horcher konnte parieren. Die erste Chance für den VfL vergab drei Minuten später Tayfun Özdemir, der, von Paul Scheller uneigennützig freigespielt, aus zentraler Position knapp verfehlte.
Auf Bamberger Seite verteilte Thomas Dotterweich die Bälle klug auf die Außenpositionen. Vor allem Stefan Karl und Florian Pickel sorgten auf der linken Seite mit gefährlichen Hereingaben für Gefahr, konnten aber keine klaren Chancen kreieren. Die hatte in der 20. Minute der VfL. Wieder hatte sich der agile Paul Scheller im Strafraum schön durchgesetzt. Auf Umwegen gelangte der Ball zu Bastian Renk, der aber an der vielbeinigen Bamberger Abwehr scheiterte. Ein Schuss des spielstarken Stefan Herl aus gut 20 Metern nach einem leichtfertigen Ballverlust von Paul Scheller in der 38. Minute sollte die letzte klare Chance vor dem Wechsel bleiben.
Ansonsten neutralisierten sich beide Teams weitgehend. Vor allem der VfL stand bei gegnerischem Ballbesitz sehr kompakt und bot den Gästen kaum Lücken. Der zweikampfstarke Christian Beetz und Frank Zapf nahmen Torjäger Peter Heyer fast komplett aus dem Spiel. Allerdings lief nach vorne bei der Mannschaft von Dieter Kurth zu wenig, da man nach weiten Pässen aus der Abwehr kaum an einen zweiten Ball kam. Zu sicher stand die Bamberger Defensive um den enorm kopfballstarken Johannes Bechmann, den umsichtigen Christoph Kaiser und Ballverteiler Thomas Dotterweich, den die Frohnlacher kaum unter Druck setzten.
Auch zwei verletzungsbedingte Wechsel änderten am taktischen Patt auf dem Rasen nur wenig. Auf Bamberger Seite war für Josef Pickel nach 32 Minuten Schluss. Der Defensivmann hatte sich bei einem Zusammenprall im Mittelfeld das Nasenbein gebrochen und wurde durch Victor Gradl ersetzt, der fortan auf der linken Außenbahn verteidigte. Stefan Karl rückte nach rechts. Beim VfL musste Tayfun Özdemir nach 39 Minuten mit Hüftproblemen vom Platz. Für ihn kam der durch eine Erkältung geschwächte Sinan Bulat.
Der Bamberger Josef Pickel (li.) im Ballbesitz aber der Frohnlacher Jacob Engelmann hängt ihn schon im Nacken.
Jens Gundermann
In der Pause musste Christoph Starke dann ein weiteres Mal umstellen. René Finnemann hatte nach einem Zusammenprall ebenfalls Hüftprobleme und blieb in der Kabine. Michael Mirschberger rückte in die Innenverteidigung – die linke Seite der Viererkette war damit komplett neu aufgestellt. Ein Fakt, der auch Dieter Kurth nicht entgangen war. Der Trainer des VfL hatte schon in der Kabine eine offensivere Gangart angeordnet. Unmittelbar vor dem Anpfiff holte er seine Spieler noch einmal zusammen. Ob es da wohl um taktische Tipps und den Rat gezielt über die linke Bamberger Abwehrseite zu attackieren ging?
Wenn, dann ging dieser Plan zunächst nicht auf. 50 Minuten waren gespielt, als der sehr gut leitende Schiedsrichter Walter Hofmann den Frohnlacher Kristian Böhnlein auf der linken Seite im Abseits wähnte. Die Bamberger schalteten blitzschnell, während die VfL-Spieler den Weg nach hinten zu langsam antraten. Ein Pass auf Alexander Deptalla, der mit der Pike auf Stefan Herl weiterleitete, ein unsicherer Christian Horcher, der unnötig aus seinem Tor herauseilte und wie bei einem Netzangriff auf dem Tennisplatz eiskalt passiert wurde – die Gäste durften jubeln.
Und hätten nur 120 Sekunden später für die Entscheidung sorgen müssen. Wieder spielte Alexander Deptalla einen schnellen Ball in die Spitze. Diesmal lief Peter Heyer alleine aufs VfL-Tor zu. Eine 100prozentige Chance, die der Goalgetter in neun von zehn Fällen nutzt. Jedoch nicht in der Form vom Mittwoch. Der 30-Jährige wirkte nicht nur in dieser Szene behäbig und unentschlossen. Christian Horcher, ebenfalls weit von seiner Bestform entfernt, konnte zumindest in dieser Situation glänzen und das 0:2 verhindern.
Ein wenig schien die Parade auch als Weckruf für die Gastgeber zu diesen. Mit langen Bällen setzten sie die Bamberger mehr und mehr unter Druck. Immer wieder wurde gezielt über die rechte Seite angegriffen. Meist inszeniert von Bastian Renk. Der Kapitän erlebte 15 Sahneminuten, in denen ihm nahezu alles glückte. Jeder Angriff lief über ihn, meist mit zentimetergenauen 50-Meter-Pässen in den Lauf oder den Fuß seiner Mitspieler. Wen nötig aber auch mit dem einfachen, aber schnellen Querpass, der half das Spiel zu verlagern. Der Wille des 29-Jährigen, sein Team zum Ausgleich zu führen, war auf der Tribüne richtiggehend greifbar. 60 Minuten waren gespielt, als die Frohnlacher Bemühungen scheinbar belohnt wurden. Bastian Renk auf Kristian Böhnlein, der weiter auf Sinan Bulat, der an Florian Muckelbauer scheiterte. Den Abstauber verwandelte Thomas Karg, musste seinen Jubel aber jäh abbrechen, da ihn der Schiedsrichterassistent im Abseits gesehen hatte. „Die Szene würde ich gerne noch mal sehen“, machte Dieter Kurth nach dem Spiel deutlich, dass er leise Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung hat.
Nur zwei Minuten später scheiterte Thomas Karg nach toller Vorarbeit von Bastian Renk und Paul Scheller am Bamberger Keeper und wiederum 60 Sekunden später war es dann aber soweit. Bastian Renks schneller Pass auf Christian Brandt, der André Zapf auf Rechtsaußen einsetzte. Der flankte und fand Thomas Karg, der mit einem Flugkopfball den verdienten Ausgleich markierte.
Christoph Starke reagierte und brachte Tobias Dalke für den müden Florian Pickel. Stefan Herl bis dato Bambergs bester Offensivspieler rückte von der Zehn auf die Außenbahn, während der frühere Frohnlacher Tobias Dalke das Zentrum übernahm. Alexander Deptallas Handtor, eine Chance für Peter Heyer nach feiner Vorarbeit von Tobias Dalke und ein Schuss von Thomas Dotterweich – mehr brachte der Wechsel nicht mehr.
Aber auch die Frohnlacher, bei denen Jakob Engelmann nach einem rüden Foul von Thomas Dotterweich vom Platz musste (73., Sebastian Hofmann kam und rückte auf die Sechser-Position, Christian Brandt wechselte auf die linke offensive Außenbahn und Kristian Böhnlein nach links hinten), konnten keine klaren Torchancen mehr erzielen. Einen Treffer am nächsten kam noch Paul Scheller, der nach 85 Minuten fast von einem Fehlpass von Thomas Dotterweich profitiert hätte.
Für mehr Aufregung sorgte ein kleines „Handgemenge“ der beiden Trainer nach 88 Minuten. Thomas Karg lag verletzt am Boden, aber der FC Eintracht Bamberg spielte weiter. Eine Szene, die Dieter Kurth erboste. Der VfL-Coach appellierte lautstark an den Fairness-Gedanken und forderte den Ball ins Seitenaus zu spielen, was aber nicht geschah. „Ich wollte Christoph Starke an der Seitenlinie schon immer mal einen mitgeben“, kommentierte er den Körperkontakt mit seinem Bamberger Kollegen nach Spielschluss augenzwinkernd. Schnell hatte man des Rätsels Lösung gefunden. Michael Mirschberger hatte den verletzten Frohnlacher schlicht und ergreifend nicht gesehen. Die Aufregung legte sich genauso schnell wieder, wie sie aufgekommen war.
Nach dem Schlusspfiff ging es dann herzlich zu. Man kennt und mag sich. Viele Spieler sind schon gemeinsam für den VfL oder den FC Eintracht aufgelaufen. Fast alle hatten zudem Dieter Kurth als Trainer. Kein Wunder, dass es kaum ein Bamberger Spieler gab, der von Dieter Kurth nicht in den Arm genommen wurde. „Wir sind in der schweren Zeit so richtig zusammengewachsen!“ Ein Satz, den der Ex-Bamberger und heutige Frohnlacher Trainer vor dem Spiel gesprochen und nach dem Schlusspfiff mehr als bewiesen hat. „Wir haben ein sehr gutes Spiel für die Zuschauer geboten“, fasste der 48-Jährige die Partie zusammen. Auch Christoph Starke hatte ein „rassiges Derby“ gesehen. Und in noch einem Punkt waren sich die beiden Trainer einig. Die Zukunftsperspektiven ihres Team sind richtig gut. Eines vorausgesetzt: Siege am Samstag in den Heimspielen gegen Eltersdorf (Bamberg) und Großbardorf (Frohnlach).
Spielbericht eingestellt am 04.08.2011 01:19 Uhr