Das ganz große Los: Für den SV Birkenfeld, aktuell Tabellenführer der Kreisliga 2 Würzburg, ging es am Mittwochabend im Pokal gegen die Drittligaprofis des TSV 1860 München. Was für den Verein aus dem 2200-Einwohner-Ort im Landkreis Main-Spessart wohl ohnehin eine organisatorische Mammutaufgabe dargestellt hätte, wurde durch die einzuhaltenden Coronabestimmungen sicherlich nicht einfacher. Dennoch gelang es, mit der tatkräftigen Unterstützung einer Schar aus Freiwilligen, eine tolle Veranstaltung auf die Beine zu stellen.
Eigentlich sollte um 18 Uhr angestoßen werden, doch um kurz vor Sechs fehlte immer noch eine ganz entscheidende Komponente: der Gast! Die Münchner nämlich steckten auf der A3 im Stau, weswegen sich der Spielbeginn auf 18:45 verschob. Die etwa 900 Zuschauer störte das bei bestem Wetter nicht, leichte Enttäuschung war von den Rängen schon eher zu vernehmen, als die Aufstellung der Löwen die Runde machte. Die Löwen reisten nämlich nicht nur ohne Kultkicker Sascha Mölders an, in Torhüter Tom Kretzschmar und Verteidiger Kevin Goden standen überhaupt nur zwei Akteure im Kader, die in dieser Saison bereits in der Dritten Liga aufgelaufen waren.
Ein Bild für die Ewigkeit: Die Löwen gastieren in Birkenfeld.
Lutz Ziegler
Stattdessen schickte Trainer Michael Köllner eine blutjunge Elf, zusammengesetzt aus Spielern der zweiten Reihe und der Bayernliga-Reserve, auf den Rasen. Diese aber zeigten von Beginn an ihr Talent und nahmen das SV-Gehäuse direkt kräftig unter Beschuss. In der ersten Viertelstunde musste Birkenfelds Schlussmann Julian Konrad gleich fünfmal sein Können unter Beweis stellen und reagierte jeweils bravourös. Nachdem dieser Anfangswirbel aber schadlos überstanden war, fand der krasse Außenseiter immer besser in die Partie und konnte weitere Abschlüsse minimieren. Besonders bemerkenswert: Bei eigenem Ballbesitz schlugen die Birkenfelder das Spielgerät nicht einfach nach vorne, sondern versuchten sich im gepflegten Aufbauspiel.
Richtig eng wurde es nur nochmal, als Mittelstürmer Johann Ngounou Djayo links im 16er durchbrach und das lange Eck nur ganz knapp verfehlte (40.). Auf der Gegenseite konnte Birkenfeld kurz vor der Pause selbst den ersten Abschluss verbuchen. Über die eigene Innenverteidigung wurde per Kurzpassspiel eingeleitet, ein Flügelwechsel landete bei Kapitän Peter Schebler, der den Ball mit der Brust annahm, seinen Gegenspieler versetzte und Alexander Roos bediente. Der hatte rund 20 Meter vor dem Löwen-Tor plötzlich erstaunlich viel Platz, traf die Kugel aber nicht voll, welche so knapp am linken Pfosten vorbeitrudelte (44.). Die Szene stellte gleichzeitig den Schlusspunkt der ersten Hälfte dar, das resultierende 0:0 zur Pause wurde von den Birkenfelder Anhängern natürlich mit lautstarkem Applaus bedacht.
Johann Ngounou Djayo machte nach dem Seitenwechsel den Unterschied.
Lutz Ziegler
Nach dem Seitenwechsel übernahmen die Löwen sofort wieder das Kommando. Beim Treffer des sehr agilen Lorenz Knöferl hatte das Gespann um den völlig unaufgeregten Manuel Steigerwald noch eine Abseitsstellung erkannt (49.), doch zwei Minuten später war es dann passiert. Eine Hereingabe von links konnte die SV-Defensive nicht klären, irgendwie flipperte der Ball zu Ngounou Djayo und der stocherte ihn im zweiten Versuch über die Linie. Natürlich war die Führung hochverdient, in der Entstehung aber sicher unglücklich, hatten extrem aufmerksame Birkenfelder die jungen Sechz'gern doch zu diesem Zeitpunkt durchaus ein bisschen entnervt. Mit der Führung im Rücken kehrte etwas mehr Leichtigkeit ins Münchner Spiel zurück und so war der nächste Treffer sauber herausgespielt. Fabian Greilinger, in der vergangenen Saison immerhin mit 29 Drittligaeinsätzen bedacht, wurde links freigespielt, flankte punktgenau auf den Kopf von Johann Djayo und der schnürte den Doppelpack (61.).
Die nächste Szene gehörte dann aber wieder die Heimelf. Der gerade im zweiten Durchgang äußerst auffällige Yannik Hörning setzte in der gegnerischen Hälfte zum Dribbling an, entwischte mit ein paar schnellen Haken gleich zwei Bewachern, sein Schuss wurde aber im Strafraum gerade noch geblockt (65.). In der Folge beruhigte sich die Partie etwas, Birkenfeld schöpfte sein Wechselkontingent aus und auch die Löwen verwalteten das Ergebnis eher. Zwei dicke Gelegenheiten gab es dann doch noch. Erst fand Knöferl erneut in Konrad – nicht erst da äußerten einige Löwenfans den Wunsch, Birkenfelds Torwart gleich mit nach München zu nehmen – seinen Meister (78.), dann erzielte Milos Cocic doch noch das 0:3 (85.) – quasi eine Kopie des zweiten Treffers.
Michael Köllner konnte mit dem Auftritt seiner Elf nicht zufrieden sein.
Lutz Ziegler
Wenig überraschend machte sich mit dem Schlusspfiff bei den unterlegenen Birkenfeldern keine Enttäuschung breit. Nach dem obligatorischen Shake Hands versammelten sich die SVler am Mittelkreis zum Mannschaftsfoto, um dieses vermutliche einzigartige Highlight in der Karriere eines Amateurfußballers festzuhalten. Die Sechz'ger erhörten derweil die Forderung der Fans, drehten noch eine Ehrenrunde und bedankten sich für die Unterstützung. So ging ein rundum gelungener Fußballabend zu Ende. Die Löwen hatten ihre Pflichtaufgabe erledigt, während sich der SV Birkenfeld mehr als achtbar aus der Affäre gezogen und den Zuschauern ein unerwartet spannendes Spiel geboten hatte.
Spielbericht eingestellt am 12.08.2021 00:06 Uhr