Von Michael Kämmerer
Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche hat der TSV Abtswind für eine Pokalüberraschung gesorgt und einen Bayernligisten aus dem Wettbewerb befördert. Lohn der Anstrengungen ist erstmals übethaupt der Einzug in die erste Hauptrunde auf Landesebene, die am 12. August ausgetragen wird. Carl Murphy gelang mit einem kunstvollen Freistoß der entscheidende Treffer. Michael Herrmann wusste, wem er sich erkenntlich zeigen musste. Zielsicher steuerte der ausgelaugte und deshalb vor dem Schlussakkord ausgewechselte, neuerdings offensive Abtswinder Mittelfeldspieler beim Abpfiff aufs satte Grün. Die gelben Stollentreter hatte Herrmann längst ausgezogen. Dafür wollte er jetzt einem anderen ans Schuhwerk. So ein Goldstück hat schließlich Anziehungskraft und will gut behandelt werden. Carl Murphys edelstes Körperteil an diesem Gott sei Dank nicht übermäßig warmen, weil angenehm windigen Juli-Abend war sein linker Fuß. Und den wollte Herrmann zum Dank am liebsten streicheln. In der 17. Minute hatte Murphy Maß genommen, aus zwanzig Metern von der rechten Seite. Alemannia Haibachs Mauer stand aufgereiht da, doch verharrte auf der Stelle, statt wie üblich sich in die Vertikale zu vergrößern. Murphys Ball, Produkt eines von Energiebündel Pascal Kamolz erwirkten Freistoßes, strich über die Köpfe der Gegner, senkte sich ins Eck und ließ dabei den pfundigen Patrick Emmel ungelenk zwischen den Pfosten abtauchen. Besser ging’s nicht für Abtswind zu diesem frühen Zeitpunkt, als mit einer Führung im Rücken und vor der noch breiteren Brust den Pokalauftritt fortzusetzen. Wenige Tage vor dem Ligastart war es den Spielern ein persönliches, ja geradezu eigennütziges Anliegen, eine Empfehlung an den Trainer auszusprechen, auch am kommenden Donnerstag und darüber hinaus auf sie zurückzugreifen, sich quasi unentbehrlich zu machen. In einem tadellosen Kollektiv schien der Kampf um künftige Einsatzzeiten manchen besonders zu motivieren. Pascal Kamolz war beispielsweise so eine strebsame Erscheinung. Mit einer auffallend gesunden Spielaggressivität jagte er im Offensivzentrum den Bällen hinterher, presste gegen Ball und Gegner. Konkurrenz wirkt eben belebend. Für Haibach war das keine gute Voraussetzung, um im Spiel anzukommen. Abtswinds forsches Vorpreschen erzeugte Handlungsdruck, verursachte beim Gegner unüberlegten Aktionismus. Kamolz war ein Getriebener seines Ehrgeizes, dem Bewacher Matthias Sänger nicht folgen konnte. Zwei, drei herausstechende Möglichkeiten lagen ihm zu Füßen. Es fehlten nur Zentimeter zum Glück. Neuerdings hat sich auch Przemyslaw Szuszkiewicz zu den Handlungsauffälligen entwickelt. Der seinem Wesen nach höflich zurückhaltende Pole schüttelt zunehmend die Scheu auf dem Spielfeld ab. Nach hinten versieht der Verteidiger gewohnt zuverlässig seinen Dienst. Wenn darum geht, bei Ballbesitz auszuschwärmen, dann gehört inzwischen auch Szuszkiewicz zu den Stürmern und Drängern. Auf links schreitet er schnellen Schrittes die Seite ab. Bis ihm sich gar die Gelegenheit zum Torschuss bietet, etwa kurz vor der Pause, als Torwart Emmel im Tiefparterre gerade noch abklatschte. Die Haibacher mussten ihre Aktivitäten intensivieren, taten sie auch. Allerdings waren sie gezwungen, die meisten Angriffe abzubrechen. Zu gut organisiert stand Abtswinds Defensive, dass kein Ball auch nur annähernd gefährlich wurde. Die aufregenden Szenen mussten warten. Und zwar auf die Hausherren. Die verlagerten sich konternd erst dann wieder nach vorne, als Haibach zwangsläufig mehr Risiko eingehen musste. Tolga Arayici belebte die Szenerie: hier ein abgefälschter Freistoß auf die Latte (79. Minute), dort ein Schuss ans Außennetz (86.). Und dann ließ auch noch der eingewechselte Neuzugang Cristian Alexandru Dan seine Klasse aufblitzen, die die Freude auf die Saison weiter steigert: Sein von viel Körperbeherrschung getragener spitzwinkliger Kopfball verlangte Haibachs Schlussmann alles ab (89.). Schluss war damit nicht und die Zeit für die einzige Großchance der Gäste ausgerechnet in der Nachspielzeit reif: Christian Breunig, für gewöhnlich Torschütze vom Dienst, diesmal unsichtbar wie unter einer Tarnkappe, bekam den Ball auf die Stirn – und köpfte Abtswinds Hüter Florian Warschecha in die Arme.
Spielbericht eingestellt am 20.08.2015 21:27 Uhr