In der Landesliga Nordwest stand heute für den FC Eintracht Bamberg ein Derby mit besonderen Vorzeichen auf dem Programm, denn mit der Sportvereinigung Jahn Forchheim sollte nicht nur ein Lokalrivale, sondern auch ein Spitzenteam seine Visitenkarte im Bamberger Sportpark abgeben. Die Favoritenrollen waren also klar verteilt, dennoch wusste FCB-Trainer Georg Lunz den Gegner nicht so recht einzuschätzen. Denn nach mäßigem Rückrundenstart reagierten die Forchheimer Verantwortlichen sofort, trennten sich von ihrem langjährigen Coach Michael Hutzler und zogen die für den Sommer geplante Verpflichtung von Ex-Bundesligaprofi Christian Springer vor, der damit heute sein Debüt als Cheftrainer im Herrenbereich geben sollte. Dementsprechend legte Bambergs Verantwortlicher den Fokus vor dem Spiel besonders auf die eigenen Stärken, schwor sein Team auf eine schwere Partie gegen eine sehr spielstarke Mannschaft ein und wollte von seiner Elf den nötigen Kampfgeist auf dem Platz sehen, um den Gästen ein Bein stellen zu können. Für Christian Springer hingegen waren die Rollen längst nicht so klar verteilt, zeigte Bamberg in der Vorwoche mit dem 4:2-Erfolg beim FC Coburg ein beachtliches Lebenszeichen und konnte sich in der Winterpause sehr gut verstärken, weshalb der Debütant ein enges Derby erwartete, in dem seine Mannschaft vor allem kompakt und ballsicher auftreten muss. Man durfte also gespannt sein, ob die im Tabellenkeller steckenden Gastgeber den Forchheimern etwas Zählbares entreißen oder der Bayernliga-Absteiger seinem neuen Coach einen Einstand nach Maß bescheren würde.
Winter-Neuzugang Patrick Titzmann (vo.) erzielte in der Vorwoche in Coburg vier Treffer und wurde daher heute von den Gästen streng bewacht, hier ist Adem Selmani (hi.) eng am Mann.
Hendrik Kowalsky
Die Partie begann mit der üblichen Abtastphase, beide Mannschaften standen zunächst recht kompakt und versuchten, auf dem Kunstrasenplatz mit schnellem Direktpassspiel in die Tiefe zu gelangen, was jedoch zunächst an der fehlenden Genauigkeit scheiterte. Dabei erspielte sich Jahn Forchheim mehr Ballbesitz und versuchte die Kontrolle über die Begegnung zu erlangen, die auf Konter lauernden Gastgeber zeigten sich jedoch sehr engagiert, gewannen viele Zweikämpfe und kamen nach 13 Minuten auch zu ihrer ersten Torchance. Nach Ballgewinn am gegnerischen Strafraum scheiterte die nominelle Spitze Patrick Titzmann, in der Vorwoche noch mit einem Viererpack erfolgreich, nach schnellem Abschluss von der Strafraumgrenze aber an Markus Kredel im Kasten der SpVgg, der den Flachschuss zur Ecke klärte. Aus dieser Situation sollte eine Zeigerumdrehung später aber die Führung für den FC Eintracht entstehen, denn nachdem die Hereingabe zu lang schien und keine Gefahr brachte, kam nach einem Forchheimer Fehlpass im Umschaltspiel Stanimir Bugar auf dem rechten Flügel an das Leder, flankte stark an den Elfmeterpunkt und fand den aufgerückten Maximilian Großmann, der sich um seinen Gegenspieler herumdrehte und aus acht Metern zum 1:0 für Bamberg einschoss! Forchheim zeigte sich von dem Gegentreffer jedoch nicht beeindruckt, ganz im Gegenteil. Die Mannschaft von Christian Springer legte ihre anfängliche Verunsicherung in der Folge schnell ab und kam nach 18 Minuten zu ihrem ersten Torabschluss, der Ex-Bamberger Maximilian Göbhardt zielte aus zwanzig Metern jedoch deutlich über den Kasten von Eintracht-Schlussmann Matthias Kühhorn. Die Gäste übten nun deutlich mehr Druck auf die Hausherren aus, verschoben ihre Reihen ein gutes Stück nach vorn und erzwangen durch ihr hohes Pressing diverse Ballverluste des Teams von Trainer Georg Lunz, das nur drei Minuten später den Ausgleichstreffer hinnehmen musste. Nachdem ein langer Ball auf den linken Flügel keinen Abnehmer fand und Forchheim schnell umschaltete, wurde Adem Selmani am rechten Strafraumeck angespielt, der mit einer Flanke an den Fünfmeterraum den eingelaufenen Andi Mönius fand, welcher wiederum nach sauberer Ballmitnahme den Ball an Kühhorn vorbei ins Tor grätschte! Die Uhren wurden also schnell wieder auf Null gestellt, doch offensichtlich sollte der Gegentreffer den Jahn wachgerüttelt haben, die Springer-Elf riss die Partie weiter an sich, wollte direkt nachlegen und kam über die Außenbahnen immer wieder gefährlich vor das Tor des FCB. In der 28. Minute war es der starke Tobias Eisgrub, der sich auf der linken Außenbahn durchsetzen konnte, seine schöne Hereingabe setzte Adem Selmani aus spitzem Winkel jedoch nur ans rechte Außennetz. Nach rund einer halben Stunde setzte sich der Jahn tief in der Bamberger Spielhälfte fest und suchte immer wieder die schnellen Pässe in die Tiefe und kam in Minute 33 zu seiner nächsten guten Gelegenheit, Sandro Gumbrecht scheiterte aus acht Metern jedoch am stark parierenden Kühhorn. Der Führungstreffer für die Gäste lag in der Luft und fünf Minuten später fiel er dann auch, wieder ging es für die Eintracht zu schnell, Jahn-Spielführer Andi Mönius wurde am Elfmeterpunkt angespielt, brachte das Spielgerät zum besser postierten Adem Selmani und diesmal zielte der Forchheimer ganz genau, drosch das Leder aus zehn Metern unter die Latte und drehte jubelnd ab! Die Gästeführung war zu diesem Zeitpunkt verdient, die Schwarz-Blauen standen sehr hoch, fingen die Hausherren meist an der Mittellinie schon ab und bespielten den Strafraum des FC Bamberg konsequent, die Treffer waren die logische Folge. Bis zur Pause passierte jedoch nichts mehr und so ging es pünktlich beim Stand von 1:2 aus Bamberger Sicht in die Kabinen.
Bambergs Abräumer Thomas Görtler (li.) und Jahn-Kapitän Andi Mönius begegneten sich häufig im Zentrum und bestritten diverse Zweikämpfe gegeneinander, in dieser Situation geht Görtler mit einer schnellen Körpertäuschung als Sieger hervor.
Hendrik Kowalsky
Nach dem Seitenwechsel mussten die 258 zahlenden Zuschauer nicht lange warten, ehe der Ball wieder im Netz lag. Die Forchheimer kam vom Wiederanpfiff weg so stark zurück, wie sie den ersten Durchgang beendeten und so dauerte es nur zwei Minuten, bis die Jahn-Elf ihre Dominanz auf den Außenbahnen in ihren dritten Treffer ummünzten. Wieder ging es ganz schnell über die linke Seite und Tobias Eisgrub, der an seinem Gegenspieler vorbei an den Fünfmeterraum passte, wo Sandro Gumbrecht keine Mühe hatte das Leder flach zum 3:1 einzuschieben. Im Anschluss nahmen die Gäste dann etwas Tempo heraus, mit dem scheinbar beruhigenden Vorsprung im Rücken ließen sie Ball und Gegner gut laufen, warteten auf die Lücken der sichtlich bemühten, aber meist glücklosen Bamberger und ließen im eigenen Abwehrverbund nichts anbrennen, weshalb das Derby vorentschieden schien. Gut 25 Minuten vor dem Ende sollte sich der Sportvereinigung eine gute Gelegenheit zum vierten Treffer bieten, nach Eckball von Selmani setzte Maximilian Göbhardt das Leder per Kopf aus neun Metern jedoch knapp rechts vorbei. Allmählich ging es also in die Schlussphase, der bis dahin intensive und schön anzuschauende Spielfluss wurde nun durch diverse Auswechslungen unterbrochen und diese hatten offenbar einen negativen Einfluss auf die Gäste. Der FC Eintracht hatte sich noch nicht aufgegeben und kam auch bald zu mehr Spielanteilen, meist passten Ball- und Laufwege jedoch nicht gut zusammen. Erst in der 79. Minute konnte der aufgerückte Johannes Trautmann auf der rechten Außenbahn mal die nötige Dynamik in einen Angriff des FCB bringen und prompt lag der Ball im Netz, denn seine flache Hereingabe von der rechten Grundlinie rollte aus dem Gewühl über die Linie und brachte den Gastgeber somit den Anschlusstreffer! Vermutlich ein Eigentor ließ die Hoffnungen der Eintracht also wieder aufleben und den Puls von Christian Springer höher schlagen, schien das Gegentor bei seinen Mannen doch Wirkung hinterlassen zu haben. Denn die Schlussphase ging eindeutig an die Hausherren, die mit Leidenschaft und Kampfgeist viele Bälle eroberten und schnell in die Spitze spielten, was dem Jahn einige Probleme bereiten sollte. Tatsächlich hätte Andre Jerundow mit einem Wahnsinnsfreistoß in der 84. Spielminute beinahe für das 3:3 gesorgt, sein strammer Schuss aus über 30 Metern konnte jedoch vom hellwachen Markus Kredel noch an den Querbalken gelenkt werden. Die Bamberger Eintracht warf nun alles nach vorne und schlug diverse lange Flanken in den Strafraum der Gäste, eine wirklich große Ausgleichschance sollte sich aber nicht mehr bieten. So blieb es am Ende beim knappen Sieg für Jahn Forchheim und spätestens der Schlusspfiff ließ die Gäste aufatmen.
In der Schlussphase drängten die Gastgeber auf den Ausgleichstreffer und setzten Forchheim unter Druck, Maximilian Vetter (hi.) trennt hier den eingewechselten Dominik Zametzer (vo.) mit einer sauberen Grätsche vom Ball.
Hendrik Kowalsky
Insgesamt geht der Sieg für Jahn Forchheim absolut in Ordnung, der Bayernliga-Absteiger fand nicht gut ins Spiel und hatte mit den bissigen Gastgebern in der Anfangsviertelstunde durchaus Probleme, die frühe Führung der Eintracht war in dieser Phase durchaus verdient. Das Gegentor weckte die Gäste aber auf und so dominierten die Gäste das Spiel eine gute Stunde lang, ehe es nach drei Jahn-Treffern in der scheinbar entschiedenen Partie nochmal eng wurde. Am Ende steht jedoch der 3:2-Derbysieg im ersten Spiel unter der Leitung von Christian Springer, für den die Partie sicherlich sehr aufschlussreich war. So konnte er auf dem Kunstrasen die spielerischen Stärken seiner Mannschaft ebenso wie die Schwächen erkennen, die die Bamberger mit viel Leidenschaft und Engagement freilegten. Für den FC Eintracht ist die Niederlage kein allzu großer Niederschlag, zwar findet sich der FCB nach den Ergebnissen der Konkurrenz vorerst auf dem letzten Tabellenplatz wieder, zeigte jedoch seine weiterhin aufsteigende Form und ist dank der Winterneuzugänge voll im Rennen um den Klassenerhalt. Lange Zeit sah es so aus, als würde es nach der auf allen Ebenen schweren Abstiegssaison im Vorjahr in dieser Spielzeit ähnlich bitter weiter gehen, doch die strukturellen und personellen Veränderungen beim FC Eintracht sind deutlich zu erkennen und machen dem Stadtverein genügend Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Die Mannschaft von Georg Lunz bewies am heutigen Tage eine Menge Moral und hat schon in der kommenden Woche beim Auswärtsspiel in Rimpar die Chance, einem direkten Konkurrenten um den Klassenerhalt auf die Pelle zu rücken. Die Ansätze sind jedenfalls vorhanden und auch wenn es gegen Forchheim nichts Zählbares zu holen gab, die Punkte für den Ligaverbleib sind gegen andere Gegner einzufahren. Denn die SpVgg Jahn zeigte sich heute wieder von seiner besseren Seite, erspielte sich eine Fülle an guten Gelegenheiten und zieht dank der drei Punkte wieder an Schwebenried-Schwemmelsbach vorbei auf den Relegationsrang, hat zudem eine Partie weniger absolviert. Die Aufstiegsträume des Jahns haben als neue Nahrung bekommen und das letzte Drittel der Saison wird zeigen, ob Forchheim seine Qualitäten konstant auf den Rasen bringen und den Wiederaufstieg anvisieren kann.
Spielbericht eingestellt am 19.03.2017 00:32 Uhr