Von Michael Kämmerer
Ein Treffer im letzten Moment erzeugt Glücksgefühle und Gänsehaut
TSV Abtswind – SV Memmelsdorf 2:1 (1:0)
Siege mit fünf, sechs oder sieben Toren Unterschied – alles schon dagewesen und wahrlich eine stolze Leistung. Die großen Gefühle erzeugen aber Erfolge wie jener gegen den SV Memmelsdorf. Als Daniel Hämmerlein in buchstäblich allerletzter Sekunde zum entscheidenden 2:1 für den TSV Abtswind traf, gab es kein Halten mehr. Ein Gänsehaut-Moment, der das Team noch enger zusammenschweißt und weiter im Rennen um die lukrativen Tabellenplätze hält.
Es klang sehr schicksalhaft, was Petr Skarabela in den Tagen vor dem Spiel von sich gegeben hatte. Das Duell mit dem SV Memmelsdorf sollte seiner Einschätzung zufolge darüber entscheiden, ob sein TSV Abtswind noch einmal den Anschluss an die Spitze findet. Kein Sieg, und die anderen seien auf und davon, meinte der Übungsleiter, der zuletzt Spuren bemerkte, die ein karger Punkt aus zwei Spielen bei einer Mannschaft hinterließ. Lange Zeit sah es am Samstag tatsächlich danach aus, als müsste sich Skarabela von seinem Saisonziel verabschieden. 1:1 hieß es nach neunzig Minuten. Nur dauert manchmal ein Spiel eben 92 Minuten. „Ich habe noch immer Gänsehaut“, gab der 48-Jährige später zu. Für einen, der als Profi in 127 Zweitligapartien einiges erlebt hat, will das was heißen. Auch ein paar Klassen tiefer kann der Fußball starke Emotionen auslösen. Daniel Hämmerlein war jener, der Skarabela und alle anderen Abtswinder in kollektive Ekstase versetzte. „Hämmer“, wie sie ihn der Einfachheit halber rufen, stand im finalen Auflauf vor dem Memmelsdorfer Tor so goldrichtig, dass er den Ball intuitiv ins Netz hämmerte. Finito, Ende, Abgang. „Eigentlich wollte ich den Gegenspieler sperren, damit Nici Wirsching schießen kann“, erklärte Hämmerlein nachher seinen 2:1-Siegtreffer, der einem hoch und weit hereinfliegenden Freistoß von Jürgen Endres entsprungen war. Doch dann fiel dem aufgerückten Verteidiger selbst der Ball vor die Schuhe. „Ich freue mich für Daniel, der wieder auf ungewohnter Position spielen musste“, brachte Abtswinds Trainer zum Ausdruck, was ihn allerweil zum Improvisieren veranlasste. Als sich der kränkelnde Przemyslaw Szuszkiewicz erschöpft auswechseln ließ, sortierte sich die Abwehrkette neu, verteidigte Hämmerlein nicht mehr im Zentrum, sondern rechts hinten. Die Randerscheinungen sind derzeit die Problemzonen in der Abtswinder Aufstellung: Auf den Außenpositionen ist das Team dünn besetzt. Ausfälle hier sind schwer zu kompensieren. Petr Skarabela wurde deshalb kreativ: Peter Mrugalla, sonst in der Sturmmitte zu finden, mutierte zum rechten Flügelspieler – und fand dort eine neue, bislang unbekannte Bestimmung. „In der zweiten Halbzeit war er unser bester Mann. Er hat das Spiel angekurbelt und ist viele Angriffe gelaufen“, sagte Petr über Peter. Und: „Er ist eine zusätzliche Alternative und kann noch besser werden.“
Mit der Leistung verhielt es sich bei Mrugalla entgegengesetzt zum restlichen Team: Während der 27-Jährige im ersten Durchgang Zeit zum Eingewöhnen beanspruchte, machten die Mitspieler einen sehr souveränen Eindruck. Besonders weil defensiv alles so perfekt lief, dass der Gegner nicht den zarten Hauch einer Torchance besaß. Und vorne ist Abtswind immer für ein Törchen gut: Steffen Barthel beendete seine kleine Durststrecke mit dem immerhin neunten Saisontor. Mit Memmelsdorfs Pascal Schneider spielte er Billard, dass die Kugel über Bande sanft in die Maschen rollte (22. Minute). Mit Szuszkiewiczs Flanke auf Adrian Graf, der im Flug in die Arme von Memmelsdorfs Keeper Florian Dörnbrack köpfte und damit nochmals Gefahr versprühte, endete die erste Hälfte sehr zur Zufriedenheit von Petr Skarabela. Dass die Gäste nicht ganz zu Unrecht zur besseren Ausstattung der Landesliga zählen, zeigten sie nach der Pause. Und das obwohl mancher auf einer Position spielen musste, „wo er nicht aufgehoben ist“, wie Trainer Rolf Vitzthum anmerkte. Auch er musste einige Akteure ersetzen. „Weh tut uns momentan, dass Michael Wernsdorfer nicht spielt. Zentral ist er eine Wucht. Die Bälle, die er nach vorne leitet, zeugen von Qualität.“ Da passte der Ausgleich zum 1:1 ins Bild. Der Treffer war mehr dem Glück geschuldet als spielerischer Raffinesse. Erst rutschte Abtswinds Carl Murphy auf dem triefenden Rasen aus, was Philipp Hörnes den Freiraum zum Schießen ließ, dann prallte der Ball auch noch Daniel Hämmerlein ans Bein. Derart abgelenkt ging das Leder genau ins andere von Schlussmann Florian Warschecha vermutete Eck (51.). Das Tor aus dem Nichts machte die Begegnung richtig flott. Abtswind war sich im Klaren, dass nur drei Punkte gegen einen direkten Konkurrenten weiterhalfen. Mehr Offensive öffnete gleichzeitig Lücken für die anderen. Peter Mrugalla trat mehrmals hintereinander in Erscheinung, mal als Passgeber, mal als versuchter Vollstrecker. Hinten brach derweil die kritische Zeit an. Als eine Stunde vorbei war, häuften sich die Möglichkeiten der Oberfranken aus dem Bamberger Land. Gegen Nicolas Müller rettete Warschecha. Manuel Schwarm hinderte der Pfosten. Und gegen den langgezogenen Schuss von Pascal Schneider musste Abtswinds Torverhinderer Florian Warschecha sich extrem strecken. Das alles geschah innerhalb von zwei Minuten. „Memmelsdorf war zeitweise besser als wir“, sagte Skarabela. Doch dank Daniel Hämmerlein konnte er sein Glück später kaum fassen.
Spielbericht eingestellt am 24.10.2016 08:28 Uhr