Artikel vom 03.11.2021 07:00 Uhr
Trainer Steffen Kircheis durfte mit Aufsteiger TSV Mühlhof zuletzt zwei Siege in Folge beklatschen.
INTERVIEW Der TSV Mühlhof ist seit dieser Saison wieder zurück in der A-Klasse, nachdem man in der Corona-Saison aufgrund der Quotientenregel als Meister aus der B-Klasse einen überraschenden Aufstieg feiern konnte. Im fussballn.de-Interview der Woche berichtet der Trainer Steffen Kircheis, selbst erst seit Saisonbeginn in Mühlhof tätig, weshalb der Umbruch mit zuletzt zwei Siegen in Folge allmählich Früchte zu tragen scheint.
Im Raum Nürnberg/Fürth hat man dich
letztmals als Trainer des TSV Johannis 83, für den du in der Saison 2017/2018
tätig warst, an der Seitenlinie wahrgenommen. Wie sah der fußballerische
Alltag von Steffen Kircheis nach dem Abschied vom Zeisigweg aus?
Steffen Kircheis: Als
selbständiger Handwerker gab es erstmal keinen fußballerischen Alltag mehr,
ich habe mich voll auf meine Firma konzentriert. Am Wochenende habe ich mir aber
natürlich immer wieder Spiele im Amateurfußball angeschaut, um ein bisschen auf dem Laufenden zu bleiben. Im Herbst 2019 war ich dann noch für ein paar Wochen
am DFB-Stützpunkt in Röthenbach/Pegnitz tätig.
Wie hast du den Stillstand im Amateurfußball aufgrund der Corona-Pandemie erlebt und
welche Gedanken macht man sich in einer solch außergewöhnlichen Zeit als
Vollblutfußballer?
Kircheis: Der
Stillstand war für den Amateurfußball das Schlimmste und Unnötigste, was
passieren konnte. Viele Fußballer haben in der Zeit extrem darunter gelitten, ihrem Hobby nicht mehr nachgehen zu dürfen. Manche haben auch den Fußball komplett
aufgegeben, was ich persönlich sehr schade finde.
Seit
Sommer diesen Jahres bist du Trainer beim TSV Mühlhof. Beschreibe bitte, wie
der Kontakt dorthin zustande kam!
Kircheis: Der
Kontakt kam über Dani Güthlein zustande, den ich schon viele Jahre als Spieler und Spielertrainer kenne. Er ist in Mühlhof in der neuen
Fußballabteilungsleitung und wurde mit der Trainersuche für die neu
existierende Mannschaft beauftragt.
Welche
Eindrücke hattest du von den Verantwortlichen und den gegebenen Voraussetzungen
auf der Schanz?
Kircheis: Die
Verantwortlichen sind allesamt Fußballer, was die Zusammenarbeit extrem erleichtert, weil wir alle die Fußballersprache sprechen und die Voraussetzungen von Plätze, Kabinen über Equipment bis hin zur Spielleitung etc. sind top!
Steffen Kircheis (Bildmitte) wurde durch die Vorstände Michael Schrittesser (links) und Thomas Ertl (rechts) vor der Saison als neuer Trainer beim TSV Mühlhof begrüßt.
TSV Mühlhof
Welche
Faktoren reizen einen langjährigen Trainer von der Kreisklasse bis zur
Bezirksliga, das Traineramt bei einem frisch gebackenen Aufsteiger in die
A-Klasse zu übernehmen?
Kircheis: Da gibt es tatsächlich einige Punkte zu nennen. Das Neue und Unbekannte in der A-Klasse, das Umfeld in Mühlhof und die Lust sowie den
Ehrgeiz als Trainer in (Un-)Ruhestand wieder etwas zu bewegen.
Die
Verantwortlichen haben nach dem überraschenden Aufstieg bewusst einen neuen Weg
eingeschlagen, um in Mühlhof auf absehbare Zeit wieder sportlich für Furore
sorgen zu können. Inwiefern spielt hierbei der Erfahrungsschatz deiner
langjährigen Trainerkarriere eine Rolle?
Kircheis: Ich
bin seit 1997 Trainer, habe alle Altersklassen trainiert und habe immer
versucht, auch im Amateurfußball Spieler zu verbessern. In Mühlhof gibt es eine
komplett neue, sehr junge und unerfahrene Mannschaft. Da kommt einem gerade in puncto Entwicklung und Führung einer solch jungen Truppe schon
die Erfahrung der vielen Jahre entgegen.
Den
Start in die neue Saison mit teilweise heftigen Niederlagen und nur einem Remis
aus neun Partien stellt man sich als neuer Trainer in neuem Umfeld sicherlich
anders vor. Stellt man sich da nicht ab einem gewissen Punkt die Frage, ob man
sich der „richtigen“ Herausforderung gestellt hat?
Kircheis: Es
war von Anfang an klar, dass es ein sehr langer und schwieriger Weg wird, diese
Mannschaft wettbewerbsfähig zu bekommen. In ständigen Gesprächen mit Spielern,
Abteilungsleitung und Vorstandschaft habe ich gemerkt, dass jeder will und dass ich die absolute Unterstützung jedes Einzelnen hier habe. Und außerdem: "einfach
kann jeder"!
Die neu formierte und junge Truppe des TSV Mühlhof um Maximilian Eisenstein (in grün) benötigte einige Zeit, um sich nach dem Aufstieg in der A-Klasse zurechtzufinden.
fussballn.de / Gitzing
Im
zehnten Auftritt der laufenden Saison platzte der Knoten mit dem ersten
Saisonsieg bei der DJK Oberasbach II. War alleine die Tatsache der ersten
eigenen Führung im Spielverlauf schon der Brustlöser oder welche Faktoren waren
für den ersten Dreier ausschlaggebend?
Kircheis: Wir
haben jede Woche richtig gut trainiert und immer daran geglaubt, dass wir uns
auch irgendwann dafür belohnen. Nach der ersten eigenen Führung wurde die Brust
noch breiter und wir hatten an diesem Tag auch das Glück des Tüchtigen, das wir in den Spielen davor nicht auf unserer Seite hatten.
Am
vergangenen Sonntag folgte im nächsten Sechs-Punkte-Spiel gegen den SC
Worzeldorf II direkt das nächste wichtige Duell gegen einen direkten
Kontrahenten. Spricht das erste Spiel ohne Gegentor für eine Entwicklung der
Defensivarbeit, auf die man im Training womöglich einen besonderen Fokus gelegt
hat?
Kircheis: Ich
habe im Training meinen Spielern immer versucht zu vermitteln, was im Fußball
wichtig ist - nämlich vorne Tore zu machen und hinten Tore zu verhindern. Die
Unerfahrenheit der Spieler hat in vielen Spielen davor dazu geführt, dass wir
jede Menge Gegentore bekommen haben und selbst wenige geschossen haben. Mittlerweile zahlt sich das abwechslungsreiche Training aus und die Jungs
setzen viele Sachen daraus im Spiel um.
Offensiv
trat Routinier Daniel Güthlein mit seinem Doppelpack gegen Worzeldorf in
Erscheinung. Welchen Stellenwert genießt der Doppeltorschütze im
Mannschaftsgefüge?
Kircheis: Als allererstes muss ich mich bei ihm bedanken, dass er uns in der schwierigen Lage
zur Verfügung steht. Er ist ja auch nicht mehr der Jüngste, aber megafit und
ein richtig geiler Kicker! Genau so ein Spielertyp fehlt mir in meiner
Mannschaft. Dani spielt ja eigentlich nur noch "just for fun" bei den Alten Herren, trainiert aber auch ab und zu bei uns mit. Meine jungen Spieler blicken voller Achtung
und Verehrung zu ihm auf, aber trinken auch hin und wieder ein Bier mit ihm. (lacht)
Routinier Daniel Güthlein (am Ball) war mit seinem Doppelpack der Mann des Tages für Aufsteiger TSV Mühlhof, der gegen den SC Worzeldorf II den zweiten Saisonsieg in Folge einfahren konnte.
fussballn.de / Strauch
Ist der
TSV Mühlhof nach zwei Siegen in Folge jetzt endgültig wieder in der A-Klasse
angekommen?
Kircheis: Ich sehe das aus einer anderen Perspektive. Die untere Tabellenhälfte mit sechs bis sieben Mannschaften ist eng beieinander, da kann glaube ich jeder jeden schlagen. Wir haben noch viel
Arbeit vor uns und bleiben trotz der zwei Siege demütig. Wenn alle sich weiter
so einbringen wie bisher, können wir am Saisonende darüber noch einmal sprechen.
Am
Wochenende geht es auswärts beim FC Serbia II mit zwei Siegen im Rücken um die
nächsten wichtigen Zähler. Was für einen Gegner erwartest du und was möchtest
du von deiner Mannschaft sehen?
Kircheis: Ich
erwarte eine spielstarke Mannschaft, die immerhin schon 22 Tore geschossen hat
und ihr Heimspiel gewinnen will. Von meiner Mannschaft erwarte ich, dass sie die ansteigenden Leistungen bestätigt, genauso kämpft und spielt wie in den letzten
beiden Spielen - und keinen Millimeter weniger macht!
Bis zur
Winterpause geht es mit dem FC Trafowerk und Türkspor III noch gegen zwei
weitere Gegner aus jener unteren Tabellenhälfte. Wie lautet die Marschroute bis zur
planmäßigen Saisonunterbrechung?
Kircheis: Was
die Saisonunterbrechung betrifft, warten wir mal ab, was das Wetter oder andere
nicht vorhersehbare Unwägbarkeiten noch für eine Rolle spielen. Wir werden aber
versuchen, bis dahin noch so viele Punkte wie möglich zu holen. Egal was
passiert, wir werden bis Ende November intensiv weiter trainieren und auf alles
vorbereitet sein, was kommt.
Die
Zusammenarbeit zwischen Verein und Trainer soll auf Nachhaltigkeit basieren.
Wie sieht der Fahrplan bis Saisonende und darüber hinaus aus?
Kircheis: Das
Projekt, welches wir im Juli 2021 begonnen haben, ist am Saisonende definitiv
noch nicht beendet. Wir haben noch jede Menge Arbeit vor uns und darauf freue ich mich!