Artikel vom 30.05.2020 17:30 Uhr
Der Streit zwischen dem Bayerischen Fußball-Verband und der SpVgg Bayreuth spitzt sich zu. In dem Brief des BFV-Präsidenten an die Altstädter sieht Dr. Wolfgang Gruber den Versuch, mit dem Entzug der Lizenz für den Traditionsverein zu drohen. Im Gegenzug fordert er den Verband zu mehr Transparenz auf. Bei den Grabenkämpfen gibt es aber einen konstruktiven Vorschlag, der den unterschiedlichen Interessen gerecht wird
Der Zwist zwischen dem Protagonisten SpVgg Bayreuth - der die Mehrheitsmeinung der Regionalligisten hinter sich hat - und dem Bayerischen Fußball-Verband (BFV) hat zumindest dafür gesorgt, dass die Interessenlage beider Seiten immer deutlicher wurde. Während die Fußballvereine eine existenzbedrohende, finanzielle Schieflage befürchten, wenn eine inzwischen sportlich völlig reizlose Saison 2019/20 fortgeführt wird, scheint es gute Gründe zu geben, warum der Verband so beharrlich und verbissen daran festhält, ab September weiterspielen zu lassen. Die Rede ist hier von Sponsorenverträge, bei denen die Auszahlung hoher Summen nur dann erfolgt, wenn es zur ursprünglich vorgesehenen Beendigung der Serie kommt. Das Erstaunliche ist, dass von diesen geheimen und anscheinend hohen Sponsorzahlungen bisher kein Regionalligist Kenntnis hatte und wohl auch keinen Cent davon abbekommt. Alles dürfte in die Kassen des Verbandes fließen, der sich mit der Fortführung nicht nur gegen seine eigenen Vereine stellt, sondern auch im Vergleich zu den anderen Regionalligen ganz alleine dasteht.
Auch der frühere Club-Spieler Manfred Schwabl (re.) hatte sich bei der Suche nach einem Kompromiss eingeschaltet.
anpfiff.info
Herr Dr. Gruber, in den letzten Tagen hat sich der Streit zwischen der SpVgg Bayreuth und dem Bayerischen Fußball-Verband zugespitzt. Warum diese Eskalation?
Wolfgang Gruber: Ausschlaggebend war die Pressemitteilung des BFV, in der er bestreitet, dass die Regionalligisten eine Fortsetzung der Saison mehrheitlich ablehnen. Man kann ja darüber diskutieren, ob es sich damals um ein Meinungsbild oder eine Abstimmung gehandelt hat. Aber das ist Haarspalterei und das Ergebnis nichtsdestotrotz eindeutig. Das Statement des Verbandes war deshalb grob unwahr und im Grunde eine Provokation. Zur sachlichen Klarstellung: Dem
BFV ist seit Wochen das Meinungsbild unserer gemeinsamen, ligainternen
Videokonferenz bekannt. 12 Vereine waren damals für Abbruch, 4 neutral und 1 Verein für
Fortsetzung. Der TSV Aubstadt war nicht anwesend. Als
Vertreter der Vereine dürfen wir uns erwarten, dass der BFV dieses
Meinungsbild zumindest zur Kenntnis nimmt. Denn genau dieses
Meinungsbild sollte immer der Maßstab des Handelns des Verbandes sein. Diese Abstimmung zu bestreiten ist ein Affront gegen alle Vereine.
Auf diesen Affront haben Sie mit harten Worten geantwortet. Darauf hat sich BFV-Präsident Dr. Rainer Koch sich nicht an Sie als Geschäftsführer der Spielbetriebs-GmbH, sondern an Christian Wedlich, den Vorsitzenden des Hauptvereins, gewandt. Was stand in diesem Schreiben?
Wolfgang Gruber: Er forderte Christian Wedlich dazu auf, "für einen angemessen Umgang des Ihnen im Verhältnis zum BFV zuzurechnenden Personals Ihrer Tochtergesellschaft zu sorgen." Jeder der sich in Bayreuth auskennt, weiß, dass ich eine zentrale Rolle im Verein spiele. Abgesehen davon greift Herr Dr. Koch als Präsident des Bayerischen
Fußballverband offen in die Strukturen eines Traditionsvereins ein. Eine solche Kompetenzüberschreitung und ein
solch anmaßendes Verhalten sind unseres Wissens nach einmalig.
Sie sehen in dieser Mail ja auch eine indirekte Drohung, ihrem Verein die Lizenz zu entziehen.
Wolfgang Gruber: Richtig. Der obige Satz steht in unmittelbarem Zusammenhang zum
Hinweis, an wen der Bayerische Fußballverband das Spielrecht in der
Regionalliga vergibt und kann hier nur als eine offene
Drohung verstanden werden.
Warum ein
solches Schreiben in den gesamten Verteiler der Regionalliga an alle
Vereine geschickt wird, ist selbstkommentierend und kann nur zum Zwecke
der Diffamierung meiner Person erfolgt sein.
Warum denken Sie, macht Dr. Koch das?
Wolfgang Gruber: Ich vermute, dass er im Falle eines Saisonabbruchs nicht nur auf das Sponsorengeld verzichten muss, sondern, dass auf den Präsidenten selbst auch Rückzahlungsforderungen zukommen könnten.
Gibt es denn überhaupt noch eine Alternative zum Abbruch?
Wolfgang Gruber: Meiner Ansicht nach nicht. Neben dem immensen finanziellen Schaden bei den Vereinen kommt es ja zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung. Die Mannschaft, die wir auf den Platz schicken müssten, hätte nichts mit der bisherigen zu tun. Gut möglich, dass ich selbst in der Abwehr, Christian Wedlich im Sturm und Marcel Rozgonyi (Sportlicher Leiter) auflaufen müssten. (grinst) Oder wir schicken gleich eine Spaßtruppe mit Jugendspielern.
Aber es hat ja bereits einen Kompromissvorschlag gegeben, den Sie mit dem Präsident Manfred Schwabl von der SpVgg Unterhaching (Partnerverein von Rosenheim) ausgearbeitet haben. Was sieht der vor?
Wolfgang Gruber: In diesem Papier ist vorgesehen, dass die neue Saison ab September beginnen und es acht Spieltage geben soll - das wären wohl Geisterspiele. Türkgücu München könnte dabei in die 3. Liga aufsteigen und Schweinfurt am DFB-Pokal teilnehmen. Zudem würde es keine Absteiger geben. Nachdem die Vereine voraussichtlich keine Einnahmen für die vier Heimspiele haben werden, soll die Antrittsprämie der Schweinfurter beim Pokalwettbewerb in Höhe von 160.000 Euro unter den Regionalligisten aufgeteilt werden. Die Schnüdel hätten dann immer noch die Zuschauereinnahme und die Aussicht auf die nächste Runde.
Wie hat der Verband auf diese Vorschläge reagiert?
Wolfgang Gruber: Inhaltlich bisher überhaupt nicht. Er meinte, bis zum 30. Juni sei noch viel Zeit. Manfred Schwabl ist daraufhin ausgestiegen - er merkte an, dass er den Kindergarten nicht mehr länger mitmacht.