Artikel vom 08.02.2024 12:00 Uhr
Der BFV kooperiert mit Generalstaatsanwaltschaft (von links): Der Generalstaatsanwalt in München Reinhard Röttle, Bayerns Justizminister Georg Eisenreich und BFV-Präsident Christoph Kern.
Im Kampf gegen Rassismus, Diskriminierung und Antisemitismus auf den Fußballplätzen im Freistaat kooperiert der Bayerische Fußball-Verband fortan mit der Generalstaatsanwaltschaft München: Ungeachtet der sportgerichtlichen Aufarbeitung meldet der BFV Fälle von Tragweite auch an die Justiz weiter, die nach Prüfung eigene Strafverfahren anstrengen und damit auch Urteile vor ordentlichen Gerichten erwirken kann.
Eine entsprechende
Zusammenarbeit, die deutschlandweit einmalig ist, haben der Generalstaatsanwalt
in München, Reinhard Röttle, und BFV-Präsident Christoph Kern jetzt offiziell
in München besiegelt. Schirmherr ist mit Georg Eisenreich der Bayerische Staatsminister
der Justiz.
„Die große Mehrheit der Spieler
und Fans ist friedlich. In der Saison 2022/23 waren laut ‚DFB-Lagebild
Amateurfußball‘ aber auch einige schwarze Schafe bei den insgesamt 185.281
digital erfassten Spielen unterwegs. Es wurden 315 Gewaltvorfälle und 196
Diskriminierungen in Bayern gemeldet. 87 Spiele mussten abgebrochen werden. In
Fällen antisemitischer, rassistischer oder sonst menschenfeindlicher Straftaten
muss der Rechtsstaat besonders genau hinschauen und konsequent vorgehen“, betont
Justizminister Georg Eisenreich bei der Unterzeichnung der
Kooperationsvereinbarung.
„Wir fahren seit Jahren eine
stringente Null-Toleranz-Politik und sanktionieren Vorfälle dieser Art hart und
konsequent“, sagt BFV-Präsident Christoph Kern: „Die Sportgerichtsbarkeit stößt
aber immer wieder an ihre Grenzen, wenn es darum geht, Täterinnen und Täter zu
bestrafen. Das geht nur dann, wenn wir die Person auch kennen und sie Mitglied
in einem unserer Vereine ist. Oftmals bleibt uns nur die Bestrafung des Vereins.
Wir aber wollen gegen die Täterinnen und Täter vorgehen. Mit der jetzt
geschlossenen Kooperationsvereinbarung sind wir einen großen Schritt weiter,
fremdenfeindliche Angriffe auch strafrechtlich bewerten zu lassen!“
Für den Generalstaatsanwalt in
München, Reinhard Röttle, steht fest, „dass Minderheiten in unserer
Rechtsgemeinschaft des besonderen Schutzes aller staatlichen Organe bedürfen.
Bei diskriminierenden Straftaten im Rahmen eines Fußballspiels darf die Last
einer Strafanzeige nicht beim Geschädigten liegen. Die geschlossene
Vereinbarung nimmt den Opfern diese Verantwortung ab“.
28 Vorfälle in der laufenden Saison
In der Saison 2023/24 hatten
sich die BFV-Sportgerichte bislang mit insgesamt 28 Vorfällen zu beschäftigen,
die unter den Diskriminierungs-Paragraphen 47(a) der Rechts- und
Verfahrensordnung (RVO) fallen und der die Grundlage der jetzt geschlossenen
Kooperation bildet. In der Spielzeit 2022/23 waren es insgesamt 40 Fälle.
„Unsere Sportplätze sind kein rechtsfreier Raum. Wer sich bei uns
menschenverachtend benimmt, hat keinen Platz in unserer Fußballfamilie.
Deswegen ist es nur konsequent, dass wir im Rahmen unserer neuen Kooperation
jetzt auf direktem Wege die Justiz einschalten“, betont Christoph Kern.
„Bayern nimmt mit dieser Kooperation bundesweit eine
Vorreiterrolle ein. Rechtsfreie Räume darf es weder in der digitalen Welt noch
auf dem Platz geben. Mir ist wichtig, dass sich Fußballer und Fans bei den
Spielen sicher fühlen. Die neue Kooperation leistet einen wichtigen Beitrag für
das Sicherheitsgefühl der Menschen auf dem Fußballplatz“, sagt Staatsminister
Georg Eisenreich.
Welche Fälle werden von der Kooperation umfasst?
Laut der Vereinbarung werden besonders schwere Fälle von Unsportlichkeit
erfasst, insbesondere erhebliche Vorfälle von Antisemitismus, Rassismus und
Diskriminierung.
Wie funktioniert die Kooperation?
Im Rahmen des Elektronischen Spielberichts (ESB) teilen in der Regel die
Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter die Vorfälle dem BFV mit. Eintragungen
im ESB können alle am Spiel Beteiligten ebenso veranlassen, auch Anzeigen
direkt bei den Sportgerichten sind möglich. Der für den rechtlichen Bereich
zuständige Vizepräsident Reinhold Baier leitet sie nach Rücksprache mit der
Generalstaatsanwaltschaft München (bzw. dem dort angesiedelten Zentralen Antisemitismusbeauftragten
der Bayerischen Justiz) weiter. Je nach Schwere des Falles verbleiben sie bei
der Generalstaatsanwaltschaft oder werden an die Staatsanwaltschaften vor Ort
abgegeben.