Hendrik Baumgart im Interview: "Wir waren an unserem Limit unterwegs" - fussballn.de
Artikel vom 17.05.2023 07:00 Uhr
Hendrik Baumgart im Interview: "Wir waren an unserem Limit unterwegs"
Kornburgs Trainer Hendrik Baumgart kann zufrieden auf den erreichten Klassenerhalt blicken und hat zudem ein neues Projekt auf die Beine gestellt.
fussballn.de / Strauch

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INTERVIEW Der TSV Kornburg feierte am vergangenen Freitagabend mit einem knappen 1:0-Heimsieg im Derby gegen den ATSV Erlangen den vorzeitigen Klassenerhalt. Welche Herausforderungen der Bayernliga-Aufsteiger im Saisonverlauf zu bewältigen hatte, und an welchem spannenden Projekt Coach Hendrik Baumgart seit Herbst des vergangenen Jahres arbeitet, verrät der Vollblut-Trainer im fussballn.de-Interview der Woche.
Von Fabian Strauch


Hallo Hendrik, am vergangenen Freitagabend wurde mit einem knappen 1:0-Heimsieg im Derby gegen den ATSV Erlangen der Klassenerhalt eingetütet. Beschreibe bitte zunächst den Spielverlauf aus deiner Sicht!

Hendrik Baumgart (45): Der ATSV hat ein dynamisches Kombinationsspiel aufgezogen, das uns viel abverlangt hat. Wir standen aber defensiv gut geordnet und konnten aus einem sauberen Spielzug heraus endlich mal wieder in Führung gehen. Im zweiten Spielabschnitt hatten beide Mannschaften ihre Tormöglichkeiten, so dass auch ein anderes Ergebnis möglich gewesen wäre. Solche Spiele haben wir aber oft in dieser Saison erlebt und gelernt, uns das nötige Spielglück dabei immer wieder aufwendig zu verdienen, was diesmal gelungen ist.

Das Erreichen des vorzeitigen Klassenerhalts ist für einen Aufsteiger keine Selbstverständlichkeit. Wie war die Stimmung nach Abpfiff im Kornburger Sportpark und wurde schon ausgiebig gefeiert?

Baumgart: Genau so muss man es sehen! Denn in dieser gut besetzten Bayernliga ist jedes Spiel unglaublich eng und hart umkämpft. Mein Team hat sich mit unseren gerade einmal 35 erzielten Toren wirklich jeden einzelnen der 43 Punkte sehr, sehr hart erarbeiten müssen. Da gab es im Lauf der Saison keinen einzigen Kantersieg, so dass die Erleichterung und Zufriedenheit am Freitagabend folgerichtig groß war. Die Jungs waren abends noch unterwegs und haben wohl die ersten Flüge auf die altbekannte Insel gebucht.

Der Saisonverlauf war alles andere als einfach, wenngleich ihr euch bis auf den Saisonbeginn stets außerhalb der Abstiegs(-relegations-)plätze bewegt habt. Welche Herausforderungen brachte die Spielzeit mit sich?

Baumgart: Wir haben eigentlich immer recht konstant, zumindest moderat, gepunktet. Die größte Herausforderung war dabei zweifellos eine Lösung für unser Zentrum zu finden, nachdem Danilo Dittrich und Marco Wiedmann knapp 80 Prozent der Saison verletzungsbedingt verpasst haben. Glücklicherweise konnten wir im Sommer gerade noch rechtzeitig Maximilian Zischler nachverpflichten, der für uns als Führungsspieler extrem wertvoll war. Es war aber unmöglich, zwei solcher Spieler zu ersetzen, so dass wir durch die Ausfälle viel Offensivpower eingebüßt haben. 

Maximilian Zischler (in weiß) nahm in Abwesenheit von Danilo Dittrich und Marco Wiedmann eine noch wichtigere Rolle im Zentrum des Kornburger Spiels ein.
W. Janz

Trotz aller Widerstände habt ihr die Klasse vorzeitig gesichert. Wie würdest du den Charakter deiner Mannschaft skizzieren?

Baumgart: Die Mannschaft lebt von den einzelnen Stärken der Spieler und da kann ich jedem Einzelnen nur ein top Zeugnis ausstellen. Als Team hat uns darüber hinaus eine große Disziplin und Leistungsbereitschaft, ein hoher Ehrgeiz und eine tolle mannschaftliche Geschlossenheit, verbunden mit dem nötigen Realismus, ausgezeichnet.

Welche Lehren haben Mannschaft und Trainer jeweils aus der Premierenspielzeit nach dem Aufstieg gezogen?

Baumgart: Wir haben aus der Landesliga-Saison alle Spieler, die wollten, in die Bayernliga mitgenommen, weil sich das einfach so gehört, da sie es sich - auch in der dem Aufstieg vorausgehenden Corona-Zeit - komplett verdient haben. Damit war aber auch klar, dass wir erst sehen mussten, wer diesen Sprung auch bewältigen kann. Alle Spieler, die uns nun verlassen werden, wechseln unterklassig, woran man erkennt, dass wir in dieser Spielzeit definitiv an unserem Limit unterwegs waren. Folgerichtig werden wir uns insbesondere offensiv deutlich verstärken, wofür wir aktuell bereits schon einige Spieler verpflichten konnten.

Die Planungen für die neue Saison laufen also auch in Kornburg freilich nicht erst seit dem feststehenden Klassenerhalt. Kannst du schon nähere Details zum Sommerfahrplan und den personellen Veränderungen im Kader verraten?

Baumgart: Die Vorbereitung steht komplett mit sechs bis sieben Testspielen und wieder einem Kurztrainingslager in Regensburg. Wir starten bereits am 12. Juni, weil wir auch einige Neuzugänge integrieren müssen. Die Namen stellen wir dann gemeinsam vor. Was man aber sagen kann, ist, dass wir einen sehr guten Mix aus jungen Auswahlspielern und etablierten Leistungsträgern mit Regionalliga-Erfahrung für uns gewinnen konnten. Unser Kader wird sich auf acht bis zehn Positionen deutlich verändern. 

Keine Veränderung stellt sich kommende Saison auf der Trainerbank beim TSV Kornburg ein. Es gibt jedoch auch Trainer, die sich momentan auf Vereinssuche befinden oder umgekehrt. Für solche Konstellationen arbeitest du seit vergangenem Herbst an einem Projekt, das nun in der Website www.trainerfinder.de mündete. Worum geht es dabei im Detail und was ist die Intention dahinter?

Baumgart: Alle Trainerinnen und Trainer kennen das ungute Gefühl, nicht ausreichend gesehen zu werden. Das gilt für den Amateur- und Jugendfußball genauso wie für den Profifußball, was ja auch bei über 25.000 aktiven lizenzierten Coaches kein Wunder ist. Umgekehrt tun sich Vereinsverantwortliche, Stützpunkte oder Leiter von Fußballschulen dann doch schwer, die genau richtigen Leute aufzuspüren.

Jene Problematik scheint dir also aus der Vergangenheit nicht unbekannt zu sein!?

Baumgart: Ich bin, auch im Rahmen meiner Verbandstätigkeit, immer wieder dieser Situation begegnet und von Trainern und Vereinen oft darauf angesprochen worden, ob ich nicht jemand jeweils Passendes wüsste.

Wie soll deine neue Plattform dabei im Detail behilflich sein?

Baumgart: Die zwei angesprochenen Probleme soll jetzt "Trainerfinder.de" lösen, indem es eine übersichtliche und zeitgemäße Trainerbörse ist, auf der man schnell und effizient passende Ergebnisse erhält. Zudem kann man sich als Trainer oder Verein ein individuelles Profil (auch mit Fotos oder Videos) erstellen, mit dem man endlich dauerhaft sichtbar wird und zwar auch dann, wenn man nicht unbedingt sofort eine neue Aufgabe sucht. Deutschlandweit können dann Suchende die Ergebnisse nach verschiedenen Kriterien ganz einfach filtern und auf einer Google-Maps-Karte sofort die gesuchten Treffer in der Region ansehen. Wenn man möchte, kann man über die Plattform unkompliziert Kontakt aufnehmen.

Das Konzept klingt sehr spannend. Wie wird es bislang angenommen?

Baumgart: Was wirklich großartig ist: Seit dem Startschuss letzte Woche in Nürnberg haben sich sofort über 60 Trainerinnen und Trainer nur aus der Region registriert, wofür ich sehr dankbar bin und was das große Interesse an diesem Angebot zeigt. Nun müssen wir dafür sorgen, dass die Trainerbörse auch überregional an Bekanntheit gewinnt, um sie für uns alle inhaltlich noch wertvoller zu machen und die Angebotspalette stetig zu erweitern.

Hendrik Baumgart ist im Rahmen seiner Verbandstätigkeit sowie als Vorsitzender der GFT Mittelfranken zwangsläufig mit den Problemen der Trainerthematik betraut und hat daher mit Trainerfinder.de eine neue Trainerbörse für Vereine und Übungsleiter ins Leben gerufen.
W. Janz

Lass uns die Trainerthematik noch näher beleuchten: Die Neulings-Lehrgänge in der jüngsten Vergangenheit fanden durchaus zahlreichen Zuspruch, wie man den Medien entnehmen konnte. Wie siehst du diese Entwicklung?

Baumgart: Das läuft seit Jahren schon ein Stück weit so, wobei die Dynamik aber auch hier durch die Digitalisierung deutlich zugenommen hat. Der DFB und die Landesverbände haben darauf mit zeitgemäßen Angeboten, anspruchsvolleren Lizenzen und einer noch besseren Ausbildung reagiert. Wie in vielen beruflichen Bereichen im Leben muss man inzwischen auch beim Hobby Fußball vermehrt seine Qualifikationen mit Lizenzen und Zertifikaten belegen. Das alles steigert die Qualität, also finde ich es prinzipiell positiv. 

Deine neue Plattform hat auch große Berührungspunkte mit dem Thema Digitalisierung, der als Trend vor allem im Profibereich auf den Trainerbänken immer präsenter wird. In welcher Form schlägt sich das auch auf den Amateurbereich nieder und nutzt du auch technische Hilfsmittel in deinem Tagesgeschäft als Trainer?

Baumgart: Die Möglichkeiten der Digitalisierung sind beim Fußballspiel, dem Training und der Teamverwaltung inzwischen auch unendlich. Videoanalysen sind bei uns Standard und somit ist die Spielnachbereitung und Spielvorbereitung noch zeitaufwendiger. Bei dem riesigen umfassenden Angebot muss man als Trainer sehr gut abwägen, was für die eigene Mannschaft Sinn macht und was zu viel des Guten ist. Aber auch da wird man beim Lizenz-Erwerb schon sehr gut darauf vorbereitet, weil inzwischen ein Großteil der Ausbildung durch den BFV sogar von zu Hause aus abgeleistet werden kann. 

Apropos Tagesgeschäft: In den verbleibenden zwei Partien könnt ihr nun völlig ohne Druck aufspielen. Gibt das kommende Auswärtsspiel am Samstag bei Don Bosco Bamberg die Gelegenheit, Einsatzzeiten breiter zu verteilen oder welche Überlegungen stellt man als Trainer in dieser komfortablen Situation an?

Baumgart: Ja, bei uns haben definitiv alle Spieler ihren Anteil am Erfolg der Saison und manch einer musste aufgrund unserer immer knappen Ergebnisse oft zurückstecken. Ich freue mich also darauf, ihnen noch ein wenig mehr Spielzeit zurückgeben zu können.

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Tabelle Bayernliga Nord

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Team
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28
18
32
26:110
12
Bei punktgleichen Teams: Sondertabelle der Punktgleichen

Steckbrief H. Baumgart

Spitzname
Haui
Alter
46
Wohnort
Schwand
Familie
verheiratet, 1 Kind
Nation
Deutschland
Beruf
Gymnasiallehrer
Erfolge
Aufstieg mit der SG Quelle Fürth in die Regionalliga;

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