Dirk Wagler im Interview: "Hatte riesigen Respekt vor der Speer-Nachfolge" - fussballn.de
Artikel vom 26.11.2025 07:00 Uhr
Dirk Wagler im Interview: "Hatte riesigen Respekt vor der Speer-Nachfolge"
Dirk Wagler trat zu Saisonbeginn beim FC Wendelstein das Erbe von Andreas Speer an und blickt bislang auf eine tolle Runde in der Bezirksliga Süd.
fussballn.de / Strauch

Diesen Artikel...

INTERVIEW Im Sommer verließ Dirk Wagler den BSC Woffenbach schweren Herzens, um beim FC Wendelstein die Nachfolge von Trainer-Ikone Andreas Speer anzutreten. Nach einer bislang tollen Runde hofft er in der Bezirksliga Süd auf die Tabellenführung zum Jahreswechsel. Der 41-Jährige zieht im fussballn.de-Interview der Woche ein erstes Zwischenfazit, spricht über gemischte Gefühle als Speer-Erbe und wirft einen Blick voraus.
Von Michael Watzinger


Hallo Dirk, du bist seit Saisonbeginn als Trainer beim FC Wendelstein tätig. Wie waren deine ersten Eindrücke im neuen Umfeld, das dir ja nicht völlig unbekannt war?

Dirk Wagler (41):
Ich bin im Verein sehr gut aufgenommen worden und fühle mich unheimlich wohl. Ich selbst wohne ja in Wendelstein, unweit vom Verein entfernt. Wenn man so möchte, handelt es sich für mich also im wahrsten Sinne des Wortes um ein Heimspiel. Die unmittelbare Nähe zum Wohnort und die damit verbundene Zeitersparnis waren für mich durchaus wichtige Faktoren bei meiner Entscheidung. Den Verein und die Mannschaft habe ich im Vorfeld bereits etwas gekannt, ich wusste also ungefähr, was mich erwarten würde. Dass es jetzt dann sportlich auch gleich so gut läuft, rundet natürlich die positiven Eindrücke noch einmal zusätzlich ab.

Trotz der genannten Pluspunkte ist dir der Abschied vom BSC Woffenbach dann aber dennoch nicht leichtgefallen. Hast du den Wechsel zu irgendeinem Zeitpunkt bisher bereut?

Wagler:
Nein, absolut nicht! Ich habe mich in Woffenbach sehr wohl gefühlt, hatte dort eine unfassbar schöne Zeit - vielleicht sogar die bisher schönste Zeit in meiner Trainerlaufbahn! Trotzdem gibt es auch das Sprichwort, dass man aufhören soll, wenn es am schönsten ist. Und so hat sich mein Schritt dann irgendwie doch richtig angefühlt. Es war aus meiner Sicht der richtige Zeitpunkt: Ich bin im absolut Guten gegangen und kann und werde mich in Woffenbach weiterhin blicken lassen. Das ist mir wichtig gewesen!

Beim FC Wendelstein hast du die Nachfolge von Andreas Speer angetreten, der dort mit einer Amtszeit von zehneinhalb Jahren riesige Fußabdrücke hinterlassen und eine echte Ära geprägt hat. Geht man an so eine Aufgabe dann mit Vorfreude oder eher einer gehörigen Portion Respekt heran?

Wagler:
Ganz ehrlich, das ist schon eine Mischung aus beidem. Ich kenne Andi persönlich und habe immensen Respekt vor seinen Leistungen - nicht nur als Trainer in Wendelstein, sondern auch, was seine gesamte Laufbahn betrifft! In Wendelstein hat er über ein Jahrzehnt hinweg unfassbar gut gearbeitet und das ging weit über das normale Trainerdasein hinaus! Er hat es geschafft, dass Wendelstein immer wieder vorne in der Bezirksliga mitgemischt hat, nur im vergangenen Jahr war ein kleiner Knick. Ich ziehe meinen Hut vor seiner Leistung! Entsprechend hatte ich natürlich schon riesigen Respekt vor seiner Nachfolge. Gleichzeitig wusste ich, dass ich eine eingeschworene Truppe übernehmen werde, in der ein Teil der Jungs schon einige Jahre zusammenspielen. Die Aufgabe allgemein hatte einen unheimlich großen Reiz und die Chance konnte und wollte ich mir einfach nicht entgehen lassen.

Andreas Speer deutete in Wendelstein über zehn Jahre hinweg den Weg und prägte entsprechend eine echte Ära. Entsprechend groß war der Respekt von Nachfolger Dirk Wagler gegenüber der neuen Aufgabe.
fussballn.de / Strauch

Wirst du beim FC Wendelstein eine ähnliche Ära wie dein Vorgänger prägen können?

Wagler:
(lacht) Aus meiner Sicht wäre es zum aktuellen Zeitpunkt verrückt so etwas zu sagen, schließlich hat Andi, wie bereits erwähnt, wirklich Außergewöhnliches geleistet! Man darf nicht vergessen, dass das immer auch mit Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen ist und darüber hinaus auch das Sportliche noch passen muss. Entsprechend sind solche Gedanken für mich derzeit weit weg, auch wenn ich wirklich gerne im Verein bin, nicht nur ein Jahr bleiben möchte und schon auch meine Spuren hinterlassen will.

Sportlich ist das ja bereits durchaus gut gelungen: Aktuell steht ihr punktgleich mit Tabellenführer SC Aufkirchen auf Platz 2 der Bezirksliga Süd, habt dabei aber noch das Nachholspiel gegen den FC Ezelsdorf in der Hinterhand und man kann euch als verkappten Tabellenführer sehen. Hast du mit einem derart guten Abschneiden gerechnet?

Wagler:
Nein, denn davon konnte man definitiv nicht ausgehen. In der vergangenen Spielzeit wusste man bis in den April hinein nicht, ob man die Bezirksliga halten kann. Dann kam mit mir ein neuer Trainer dazu und auch im Team selbst gab es ein paar Veränderungen. Es gab also schon auch einen Umbruch und alles musste sich erstmal finden und zusammenwachsen. Das hat sich dann auch bei unserem Start bemerkbar gemacht und wir haben aus den ersten vier Partien genau vier Zähler geholt. Trotzdem sind alle Beteiligten mit der nötigen Ruhe und einem klaren Blick herangegangen und so hat sich dann alles relativ schnell zum Guten gewendet.

Was waren für dich bislang die Schlüsselmomente eurer bisherigen Spielzeit?

Wagler:
Der erste Schlüsselmoment war für mich tatsächlich bereits am 4. Spieltag, beim 2:2-Remis in Alesheim: Ich kannte den Gegner schon, weil wir mit Woffenbach zuvor in der Relegation an ihnen gescheitert waren und wusste daher, dass das eine sehr gute Mannschaft ist, die vorne mitspielen wird - da war ich mir sicher. Wir haben an diesem Tag eine wirklich starke Leistung abgeliefert und verdient einen Punkt mitgenommen. Da wusste ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Außerdem konnten wir im Verlauf der Runde enge und schwierige Auswärtsspiele wie beispielsweise in Uffenheim und Greding auf unsere Seite ziehen, was einem Selbstvertrauen gibt. In solchen Momenten merkt man, dass etwas entsteht und gehen kann.

Wie auch schon im Hinspiel teilten der FC Wendelstein (in grau) und der SV Alesheim (blau) die Punkte. Das 2:2-Remis beim Gastspiel Mitte August war für Wendelstein-Coach Dirk Wagler der erste Schlüsselmoment der bislang so erfolgreichen Spielzeit.
fussballn.de / Strauch

Für den kommenden Sonntag ist nun noch das Nachholspiel beim FC Ezelsdorf angesetzt. Wie blickst du auf die anstehende Begegnung?

Wagler:
Das ist eine Nachholpartie vom 1. Spieltag, die wegen des Pokalspiels verschoben werden musste. In der Zwischenzeit haben wir gegen Ezelsdorf einmal im Pokal gespielt und auch das Rückrunden-Duell hat bereits stattgefunden. Insgesamt ist es keine ganz einfache Situation: Es gilt, die Spannung noch weiter hochzuhalten, obwohl man nicht wirklich weiß, ob man dann überhaupt antreten kann. Ich glaube, angesichts der Bedingungen haben weder sie noch wir so richtig Lust. Dennoch habe ich eine sehr intelligente Mannschaft, die sich fokussieren kann - und als Lohn würde uns bereits mit einem Punkt die Tabellenführung über den Jahreswechsel winken. Das gibt uns definitiv einen Motivationsschub!

Inzwischen hast du dir zu allen Teams in der Liga eine Meinung bilden können. Wie schätzt du die Leistungsstärke innerhalb der Bezirksliga Süd ein, die für dich ja auch Neuland war?

Wagler:
Einige Beobachter sind ja bekanntlich der Meinung, dass die Bezirksliga Nord deutlich stärker ist als die Bezirksliga Süd. Das sehe ich aber nicht so! Klar ist, der Fußball, der hier gespielt wird, ist auf jeden Fall ein anderer: Hier wird mehr Wert auf Kompaktheit und Robustheit gelegt und es wird mehr mit langen Bällen gearbeitet. Es gibt in unserer Liga viele gewachsene Teams, die genau um ihre Stärken und Schwächen wissen und sehr schwer zu bespielen sind - und gerade die Auswärtsspiele sind eine echte Herausforderung! Ich bin mir sicher, dass die Spitzenteams im Süden auch in der anderen Bezirksliga vorne mitspielen würden.

Wo siehst du die Stärken deiner Mannschaft und wo habt ihr aus deiner Sicht noch Luft nach oben?

Wagler:
Insgesamt treten wir unheimlich stabil auf und lassen nur sehr wenige Torchancen zu. Jeder arbeitet für das Team, was mir sehr gut gefällt. Luft nach oben haben wir noch im Spiel nach vorne - auch wenn das etwas seltsam klingt, wenn man die beste Offensive der Liga stellt. Wir haben aber keinen absoluten Torjäger, das verteilt sich auf mehrere Schultern. Außerdem sind andere Mannschaften noch ein Stück weit eingespielter als wir, wir können spielerisch definitiv auch noch weiter zulegen. Trotzdem bewegen wir uns auf einem guten Niveau.

Pascal Abele (am Ball) ist mit neun Treffern der erfolgreichste Schütze seines FC Wendelstein.
fussballn.de / Gitzing

Wo kann für euch in dieser Saison die Reise hingehen und welche Visionen hast du für deinen FC Wendelstein?

Wagler:
Wenn du zwei Drittel der Saison absolviert hast und ganz oben stehst, ist es aus meiner Sicht normal, dass man dort auch bleiben möchte. Alles andere wäre wohl nicht ehrlich. So viel Ehrgeiz hat auch jeder und das ist richtig so. Was die Visionen angeht, darf man nicht vergessen, dass der Verein erst 2017 gegründet wurde - und das merkt man derzeit schon noch, wenn man sich die Struktur ansieht: Es fehlt noch ein wenig das Drumherum, also zum Beispiel Man-Power an mancher Stelle oder auch das Thema Sponsoring. Da sind uns einige Vereine aus der Umgebung klar voraus. Vor einem Jahr hat bei uns die Vorstandschaft gewechselt und auch unter der neuen Führung wird weiter daran gearbeitet, ein gutes Fundament für längerfristigen sportlichen Erfolg zu legen. Das ist aus meiner Sicht der völlig richtige Ansatz. Unsere Spielstätte, das Gelände des früheren FV Wendelstein, ist dagegen bereits absolut top. Mit den richtigen Schritten könnte der Blick dann schon in Richtung Landesliga gehen, auch wenn dort viele Vereine strukturell derzeit mit Sicherheit deutlich weiter sind als wir.

Du selbst warst bis November 2022 im Spielkreis Nürnberg/Frankenhöhe zuhause, ehe es dich fortan in ländlichere Gefilde zog. Gibt es deiner Meinung nach Unterschiede, was die Spielkreise betrifft?

Wagler:
Oh ja, sehr große sogar! Neben der unterschiedlichen Art des Fußballs gibt es einige Unterschiede - man merkt einfach, dass die Uhren anders ticken: Die Sportplätze sind auf dem Land nochmal schöner als in der Stadt, ganz allgemein leben die Leute den Fußball in den ländlicheren Gegenden nochmal etwas mehr: Fußball und Gemeinschaftssinn haben noch einmal einen höheren Stellenwert. Auch die Auswärtsfahrten sind ein Stück weit angenehmer, so wurden wir zum Beispiel bei unserem Gastspiel in Alesheim im Vorfeld gefragt, für wie viele Leute sie Leberkäse vorbereiten sollen - so etwas habe ich in der Stadt noch nie erlebt. Das hat schon einen ganz besonderen Charme, der den Amateurfußball in meinen Augen auch ausmacht. Ganz allgemein herrscht auf dem Land nicht so eine hohe Fluktuation, weshalb sich viele kennen. Es ist einfach ein ziemlich angenehmes Miteinander.

Dirk Wagler kann inzwischen von einigen Unterschieden bezüglich der Spielkreise berichten. Auf dem Land lernte der Coach des FC Wendelstein vor allem den Gemeinschaftssinn noch einmal deutlich mehr zu schätzen.
fussballn.de

Klingt fast so, als würde eine Rückkehr in den Kreis Nürnberg/Frankenhöhe für dich nicht mehr infrage kommen...

Wagler:
(schmunzelt) Nein, so war das nicht gemeint und so will ich das auch ganz sicher nicht verstanden wissen! Es ist einfach anders. Das heißt aber nicht, dass der Spielkreis Nürnberg/Frankenhöhe schlecht ist oder mir weniger gefällt. Dort hat man beispielsweise eine hohe Dichte an Qualität und meist kürzere Wege. Die Arbeit dort hat mir ebenfalls große Freude gemacht. Letztlich ist für eine Entscheidung immer auch der Reiz einer Aufgabe notwendig - der Spielkreis ist da weniger entscheidend. Ich bin aktuell in Wendelstein sehr glücklich und wir werden uns nach dem letzten Spiel des Jahres bald mal zusammensetzen und sprechen. Was die Zukunft angeht, habe ich gelernt, dass man im Fußball nicht zu weit nach vorne blicken kann, schließlich können sich die Dinge immer schnell ändern. Ich habe inzwischen gewisse Erfahrungen gemacht, habe sportliche Erfolge und Misserfolge erlebt und bin dadurch ein ganzes Stück weit ruhiger und reifer geworden. Entsprechend lasse ich die Dinge nun mehr auf mich zukommen. Wichtig ist für mich vor allem der Spaß an der Sache und der Reiz einer Aufgabe. Der Fußball ist ja trotzdem ein Hobby und daran sollte man einfach Freude haben!

Kommentar abgeben

Kommentare werden unter Deinem Nicknamen und erst nach Prüfung durch die Redaktion veröffentlicht.

Leser-Kommentare


Tabelle Bezirksliga Süd

Pl.
Team
Sp
Tore
Pkt
1
20
49:32
40
2
19
50:20
40
5
20
34:25
36
7
20
34:23
32
8
20
44:29
30
9
19
36:34
27
11
20
39:58
22
12
19
28:40
22
13
19
28:43
20
14
19
27:41
18
15
20
29:57
13
16
20
13:45
10
Bei punktgleichen Teams: Sondertabelle der Punktgleichen

Trainer FC Wendelstein

2025/26
2024/25
2023/24
2022/23
2021/22
2019/21
2018/19
2017/18

Steckbrief D. Wagler

Alter
41
Wohnort
Wendelstein
Familie
verheiratet, 2 Kinder

Trainerstationen D. Wagler

25/26
BL
 
24/25
KL
 
23/24
KL
 
22/23
LL
 
21/22
LL
 
21/22
LL
 
21/22
KL
 
19/21
KL
 
15/16
LL

Zum Thema


Meist gelesene Artikel