Artikel vom 02.07.2025 06:00 Uhr
Alexander Schkarlat soll zum 15. Juli 2025 die Nachfolge von Alexander Pott als Schiedsrichter-Lehrwart des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) antreten.
INTERVIEW 8-Sekunden-Regel, unabsichtliche Doppelberührung beim Elfmeter und feste
Verankerung der „Kapitänsregel“: Zum 1. Juli traten Regeländerungen im
bayerischen Amateurfußball in Kraft, die in der Saison 2025/26 zum Tragen
kommen. Alexander Schkarlat (38), der künftige Lehrwart des BFV spricht im Interview über die Änderungen und seinen bisherigen Werdegang als Referee und seine Aufgaben als Verbands-Lehrwart.
Alex, du
trittst zum 15. Juli die Nachfolge von Alexander Pott als Verbands-Lehrwart an.
Wie kam’s dazu?
Alexander
Schkarlat: Aktuell
bin ich als Mitglied des Bezirks-Schiedsrichter-Ausschusses noch für das
Lehrwesen in Oberbayern zuständig und war zuvor acht Jahre lang Lehrwart der
Schiedsrichtergruppe Inn. Aus diesen Funktionen kenne ich den bisherigen
Verbands-Lehrwart Alexander Pott natürlich sehr gut. Er hat mich schon vor
einiger Zeit gefragt, ob ich mir denn vorstellen könnte, sein Amt zu
übernehmen, wenn er es nicht mehr bekleidet.
Das ist
nun der Fall.
Schkarlat: Genau. Alexander Pott
wird zur kommenden Saison Einteiler der DFB-Nachwuchsligen und gibt deswegen
seinen Posten als bayerischer Verbands-Lehrwart aus zeitlichen Gründen auf. Das
sind pro Woche so um die 80 Spiele, die er fortan besetzen muss – das lässt
sich nicht wirklich mit dem Job als Lehrwart vereinbaren.
Welche
Aufgaben hast du als Verbands-Lehrwart beim Bayerischen Fußball-Verband?
Schkarlat: Letztendlich bin ich
beim Thema Lehrwesen die Schnittstelle zwischen BFV und DFB. Sprich: Der DFB
und sein Lehrwart Lutz Wagner informieren uns Landeslehrwarte und wir verteilen
die Informationen dann an unsere Schiedsrichtergruppen. Außerdem bin ich im
Verbands-Schiedsrichterausschuss zuständig für alle Themen, die mit
regeltechnischen Fragen verbunden sind.
Wie bist
du zur Schiedsrichterei gekommen?
Schkarlat: Mein Heimatverein ist
der SV Weidenbach und ich habe im Jahr 2001 bei der Schiedsrichtergruppe Inn
meinen Schiri-Schein gemacht. Aktuell pfeife ich im Herrenbereich bis in die
Landesliga und bin als Assistent in der Regionalliga Bayern im Einsatz.
Außerdem leite ich seit 2022 Spiele in der Futsal-Bundesliga.
Auch wenn
du erst Mitte Juli als Verbands-Lehrwart übernimmst, warst du nun schon bei den
Lehrgängen der Verbandsliga-Schiris dabei. Was waren dort die Schwerpunkte?
Schkarlat: Obligatorisch sind
die Regel-Tests, die thematisch aber breit gestreut sind. Und natürlich ging’s
auch darum, was sich zur neuen Saison regeltechnisch ändert. Für die
Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter, aber auch für die Spielerinnen und
Spieler.
Was ändert
sich denn zur neuen Saison?
Schkarlat: Das, was der breiten
Masse sofort auffallen wird, ist die sogenannte „8-Sekunden-Regel“, die aktuell
ja auch schon bei der Klub-Weltmeisterschaft zum Einsatz kommt und bei der
U21-Europameisterschaft angewendet wurde. Der Torwart darf den Ball ab sofort
acht Sekunden unter Kontrolle halten, ehe er ihn weiterspielt. Tut er das
nicht, gibt es einen Eckstoß für die gegnerische Mannschaft – und zwar von der
Seite aus, der der Torwart beim Vergehen näher ist. Bislang durfte der Torwart
den Ball sechs Sekunden halten, ein Vergehen wurde mit einem indirekten
Freistoß geahndet.
Dazu kam
es in der Vergangenheit aber kaum.
Schkarlat: Das stimmt, die Regel
wurde bislang zu wenig durchgesetzt. Im Grunde ist das auch ein Stück weit
nachvollziehbar, weil die Spielstrafe dafür – also ein indirekter Freistoß für
den Gegner im eigenen Strafraum bei Zeitspiel – schon enorm war und nicht
wirklich in Relation zum Vergehen stand. Dieses Ungleichgewicht wird mit der
neuen Regel nun angepasst.
Welche
Rolle kommt den Schiedsrichtern bei der „8-Sekunden-Regel“ zu?
Schkarlat: Die Schiedsrichter
werden die letzten fünf Sekunden mit der Hand anzeigen und runterzählen. Und
zwar so, dass es der Torwart, aber auch alle anderen Beteiligten sehen können.
Wichtig ist außerdem, dass der Schiedsrichter darauf achtet, dass der Torwart
während der acht Sekunden durch die gegnerischen Spieler nicht behindert oder
angegangen wird. Da gilt es konsequent durchzugreifen.
Die acht
Sekunden laufen, sobald der Torwart den Ball „kontrolliert“. Wie ist dieses
Zeitfenster genau definiert?
Schkarlat: Der Torwart hat immer
dann Ballkontrolle, wenn er den Ball fängt und in den Händen hält. Aber auch,
wenn der Ball auf dem Boden liegt und der Torwart eine Hand darauf liegen oder
er den Ball zwischen einem Körperteil und seiner Hand eingeklemmt hat. Auch
während des Abschlags hat der Torwart noch Ballkontrolle oder wenn er ihn auf
dem Boden springen lässt und wieder fängt. Das zählt alles dazu.
Hat der Torwart die Ballkontrolle, tritt die 8-Sekunden-Regel ein.
fussballn.de / Schlirf
Neu
geregelt wurde auch die unabsichtliche Doppelberührung bei Elfmetern – wie wir
es zum Beispiel beim zurückliegenden Champions League-Achtelfinale zwischen
Real Madrid und Atletico Madrid erlebt haben.
Schkarlat: Julian Alvarez von
Atletico Madrid ist beim Schuss weggerutscht und hat den Ball unabsichtlich mit
beiden Beinen berührt. Der Elfmeter galt als verschossen, obwohl der Ball im
Netz gelandet war. Aufgrund dieser Situation hat der spanische Verband beim
IFAB eine Regeländerung angeregt, die nun Ende Mai herausgegeben wurde. Liegt
ein klares Versehen bei der doppelten Berührung vor und der Ball landet im Tor,
wird der Elfmeter ab sofort wiederholt. Verschießt der Schütze den Elfmeter
allerdings, dann gilt er auch weiterhin als verschossen – bei Strafstößen
während des Spiels und auch im Elfmeterschießen.
Eine
Anpassung gab es auch bei Ballberührungen von Außenstehenden, also zum Beispiel
Einwechselspielern oder Teamoffiziellen.
Schkarlat: Das stimmt, auch wenn
eine solche Situation nur äußerst selten vorkommt. Konkret geht’s darum: Ein
Einwechselspieler, der sich neben dem Tor befindet, um sich aufzuwärmen, könnte
den Ball bei einem Schuss, der offenkundig neben das Tor geht, noch innerhalb
des Spielfeldes stoppen – einfach nur, um zu verhindern, dass der Ball 30 Meter
weiterrollt. Ist klar erkennbar, dass keine Absicht vorliegt, das Spiel unfair
zu beeinflussen, gibt es dafür ab sofort nur noch einen indirekten Freistoß.
Ansonsten bleibt es jedoch bei der bisherigen Ahndung: direkter Freistoß und
Disziplinarmaßnahme.
Nicht mehr
neu, aber nun fest im Regelwerk verankert ist die sogenannte „Kapitänsregel“
bzw. der „Kapitänsdialog“ – also die Anweisung, dass sich nur der
Mannschaftskapitän an den Schiedsrichter wenden darf, um eine wichtige
Entscheidung erklärt zu bekommen. Für dich der richtige Schritt?
Schkarlat: Auf jeden Fall. Ich
würde das Thema jetzt aber nicht als Regeländerungen einordnen, weil das
Prozedere ja schon gelebt wird, gelernt ist und gut funktioniert. Es ergibt
dennoch Sinn, die „Kapitänsregel“ offiziell ins Regelwerk aufzunehmen, weil wir
vielerorts das Feedback bekommen, dass sich Trainer und Spieler eine striktere
Umsetzung wünschen. Denn der „Kapitänsdialog“ macht das Spiel schon ruhiger und
weniger aggressiv – und ist deswegen auch aus Schiedsrichter-Sicht sehr
sinnvoll.
Letzte
Frage: Wie bringst du all diese Infos zu den Schiedsrichtern bis hinunter in
die C-Klasse?
Schkarlat: Das läuft natürlich
vorrangig über die Gruppen-Lehrwarte. Für die haben wir schon ein
Online-Seminar veranstaltet, bei dem wir die Regeländerungen zur neuen Saison
erläutert und die Inhalte, die uns der DFB zur Verfügung gestellt hat,
entsprechend aufbereitet haben. Damit es alle verstehen, ist aus meiner Sicht
schon sehr wichtig, das alles ein bisschen für die Basis herunterzubrechen und
nicht nur die reinen Regeltexte vorzulegen.