Artikel vom 01.02.2023 07:00 Uhr
Ralph Stefan ist in Feucht Vorstand für Marketing und Sport.
INTERVIEW Beim Bayernligisten 1. SC Feucht hat sich im vorigen Sommer einiges getan. Der langjährige Macher Manfred Kreuzer hatte frühzeitig seinen Rückzug angekündigt und Mitte 2022 vollzogen. Es wurde eine neue Führungs-Mannschaft, an deren Spitze Ralph Stefan (46) steht, der für Marketing und Sport zuständig ist, installiert. Im fussballn.de-Interview der Woche spricht er über die Lage am Waldstadion.
Nach dem Rückzug
von Hauptsponsor Manfred Kreuzer musste sich der SC Feucht im vorigen Jahr neu
aufstellen. Ist diese Übergangsphase bereits abgeschlossen?
Ralph Stefan: Bis zum
30. Juni 2022 hat Manfred Kreuzer beinahe im Alleingang den gesamten Etat der
Bayernliga gestemmt. Sein Rückzug war und ist natürlich keine ganz einfache
Ausgangssituation. Darin liegt aber auch eine große Chance, den Verein für die
Zukunft aufzustellen. Wir sind sehr froh, dass Manfred Kreuzer seinen
altersbedingten Rückzug lange vor der aktuellen Saison angekündigt hat und die
Übergangsphase in der laufenden Saison auch noch in Teilen finanziell begleitet,
sodass ein vernünftiger Übergang möglich wurde. Neben den bereits vorhandenen
Bandensponsoren konnten wir immerhin acht neue „Firmenpartner“ zum Saisonbeginn
finden, die uns als Sponsoren im vier- bis fünfstelligen Bereich unterstützen.
Somit ist der Etat der laufenden Saison gesichert. Erfreulich ist, die neu
gewonnen Sponsoren bleiben uns auch nächste Saison treu, darauf können wir
aufbauen. Der Umbruch ist dennoch noch nicht abgeschlossen. Es geht jetzt
darum, die Anzahl der Firmenpartner weiter zu steigern, um den weiterem
finanziellen Rückzug von Manfred Kreuzer auch künftig zu kompensieren.
In welchen
Bereichen funktionierte es gut, in welchen nicht so gut?
Stefan: Trotz des Abgangs
verschiedener altgedienter Spieler ist es uns gelungen, mit einem Jugendkonzept
attraktiven Fußball in der Bayernliga zu spielen und gleichzeitig einen
einstelligen Tabellenplatz auch trotz des sportlichen Umbruchs zu erreichen.
Die Zusammenarbeit mit Florian Schlicker, Serdal Gündogan, Teammanager Michael
Schmidt und dem Team und mir konnte nach dem Rückzug von Manfred Kreuzer als
Teammanager nahtlos und professionell fortgeführt werden. Den Umbruch im
Sponsoring und Umfeld konnten wir vom Team fern halten, sportlich kann man sich
stets auf das Wesentliche konzentrieren. Die stabile sportliche Situation und
die stabile Finanzlage bestätigen uns in unserem Weg. Mit der lokalen
Partnerschaft zu Feucht FM und mit unserem Stadionsprecher-Team sind wir sehr
gut aufgestellt, unsere Botschaft rüber zu bringen. Wir sind ein junges, frisches
und leistungsfähiges Team, es lohnt sich uns zu unterstützen. Manfred Kreuzer
hat sehr viel Zeit investiert in seiner Tätigkeit als Teamchef. So eine
wichtige Persönlichkeit kannst du natürlich niemals und gleich gar nicht von
heute auf morgen ersetzen. Zum Glück ist unser Manni noch zu jedem Spiel als
Gast da.
Über die Verdienste von Manfred Kreuzer für den 1. SC Feucht bestehen auch nach dessen Rückzug keinerlei Zweifel.
Sebastian Baumann
Wo muss noch
nachgebessert werden?
Stefan: Für die Saison
2022/23 musste im Marketing ohne großes Konzept improvisiert werden. Der Etat
ist dennoch, wie geschildert, gesichert. Nun haben wir nicht zuletzt Dank eines
erfahrenen externen ehrenamtlichen Beraters ein professionelles Konzept. Wir
öffnen den Verein nach außen und müssen künftig für Außenstehende noch
greifbarer werden. Die Botschaft ist: Es ist kein Selbstläufer in Feucht
Bayernliga zu ermöglichen. Viele denken das auch deswegen, weil Manfred Kreuzer
immer für alles einstand. Wir möchten klarmachen, dass wir jeden Sponsor, Fan
und Unterstützer, ob groß oder klein, brauchen, um weiterzukommen. Wir sind
uns sicher, über die nächsten Jahre entsprechenden Zuspruch durch unser
nachhaltiges und frisches Jugendkonzept zu erzeugen. Diejenigen Sponsoren,
welche die Bayernliga in Feucht maßgeblich ermöglichen, werden in der neuen
Saison an den einzelnen Spieltagen noch besser präsentiert. Das
Bandenwerbekonzept ist neu aufgestellt. Nun müssen weitere Firmenpartner, zum
Beispiel mit einem Tribünensponsor, gefunden werden, der dort alle Werbeflächen
und eventuell den Tribünennamen übernimmt. Wir bieten weiterhin ein familiäres
Umfeld, zum Beispiel im Rahmen unseres Fanclubs. Auch nach dem Spiel kommt
jeder, der möchte, im Vereinsheim ins Gespräch. Deshalb werbe ich um jeden
Besucher und Fan. Wer einmal kommt, kommt gerne wieder.
Ist der SC Feucht
zukunftsfähig aufgestellt?
Stefan: Ja, davon bin
ich felsenfest überzeugt. Die positive Entwicklung im Team und Umfeld habe ich
hinreichend beschrieben, wir sind gut aufgestellt. Das vereinseigene
Grundstück, auf dem das Vereinsheim steht, konnte enorm aufgewertet werden, da
nun Baurecht für das Hotel und Funktionsgebäude besteht. Für die Realisierung
des Investitionsprojekts läuft ein Projektentwicklungsvertrag mit einem
Branchenexperten. Die Umsetzung wäre natürlich ein enormer Schritt in Richtung
Nachhaltigkeit. Nach Corona leben wir hier sicher in einer anderen Zeitrechnung
und können uns nicht unter Zeitdruck setzen, was nicht bedeutet, dass man nicht
intensiv und laufend daran arbeitet. Zunächst mal ist das Vereinsvermögen über
das Baurecht enorm gestiegen, was uns sicher den Rückhalt gibt, mit hoher
Sicherheit in die Zukunft zu blicken. Und übrigens: Rom wurde auch nicht an
einem Tag erbaut (lacht).
Rund um das Waldstadion des 1. SC Feucht wird sich einiges verändern.
Dirk Meier
Wie stellt sich
die finanzielle Situation dar?
Stefan: Wir leben nicht
im Überfluss. Viel mehr bin ich sehr dankbar, dass alle Beteiligten in Feucht
sehr vernünftig sind. Alle ziehen an einem Strang und tragen dazu wesentlich
bei, den geschilderten Umbruch restlich zu schaffen. Sicher verfügen andere
Bayernliga-Teams gerade in den vorderen Rängen über größere Etats und damit
über mehr finanzielle Möglichkeiten. Wir wirtschaften vernünftig, der Etat ist
gesichert und alle Zusagen werden erfüllt. Darauf kann sich jeder in Feucht
verlassen.
Wo liegen die
Schwerpunkte der Umstrukturierung?
Stefan: Diese sind
bereits geschildert. Auf nahezu allen Ebenen sind wir neu aufgestellt oder
werden dies in den kommenden Monaten sein.
Im sportlichen
Bereich gab es auch grundlegende Änderungen am Kader. Wie beurteilen Sie den
Kaderumbruch?
Stefan: Viele Insider
sahen uns nach den ersten sechs Spieltagen am letzten Platz. Wir haben den
Umbruch gut gemeistert. Es wird gerne mal geunkt, auch in Feucht und gerade
über den SC. Trotz Umstrukturierung stehen wir letztlich doch für Kontinuität,
das zeigt der Saisonverlauf. Unsere sportliche Leitung mit der
gleichberechtigten Doppelspitze Schlicker und Gündogan sucht im Amateurbereich
seinesgleichen. Die Qualität unserer Trainer motiviert viele junge Spieler aus
der Gegend, sich in Feucht in der Bayernliga weiter ausbilden zu lassen. Ohne
unsere wirklich überragenden Trainer stünden wir sicher nicht da, wo wir nun
sind. Aber auch unserer Mannschaft gilt ein wirklich großes Kompliment. Ich bin
sehr stolz auf die Jungs.
Die Trainer-Doppelspitze Serdal Gündogan (l.) und Florian Schlicker (r.) verdient sich das Lob aus dem Vorstand des SC Feucht.
fussballn.de / Strauch
Sind sie mit dem
bisherigen sportlichen Abschneiden zufrieden?
Stefan: Mit den 30
Punkten natürlich ja, das ist absolut in Ordnung. Dem jungen Team muss man
schon eben auch Zeit geben sich zu finden. Wir haben tolles Potenzial und einen
guten Plan uns noch weiter zu entwickeln. Ich bin überzeugt, unser junges Team
nutzt die restliche Spielzeit, um noch mehr als es das ohnehin schon tat, zu
performen. Hier und da werden wir künftig mit noch etwas mehr Erfahrung sicher
noch abgezockter agieren. Sicher ist es ein Ziel, mal ohne
Gegentor vom Platz zu gehen, auch wenn es das für unsere Zuschauer langweiliger
machen würde (lacht).
Hat es im Winter
Kaderänderungen gegeben?
Stefan: Wir haben uns
zusammen mit Majid Salis, der zur Turnerschaft Fürth wechselt, und Gabriel Hasenbichler verständigt, die Verträge zu
lösen. Emin Koc (zum FSV Erlangen-Bruck) und Benjamin Neuendank (zum FC Herzogenaurach) haben sich verändert. Julian Schäf bat
uns um Vertragsauflösung und ist nun Co-Trainer beim TSV Roßtal geworden. Mit dem jungen Leon Rukiqi haben wir
uns ja im Sturm noch im alten Jahr sehr gut verstärkt. Der Jugendphilosophie
werden wir - mit vereinzelten Ausnahmen, um die erforderliche Erfahrung
einzubringen – auch über den nächsten Saisonwechsel hinaus treu bleiben, dies
ist auch meine Maßgabe. Mit 18 Feldspielern und drei Torhütern sind wir
quantitativ weiterhin sehr gut aufgestellt.
Die 2. Mannschaft um Selcuk Oguz (in weiß) klopfte im vergangenen Jahr in der Relegation schon an die A-Klasse.
fussballn.de
Was ist sonst
noch geplant?
Stefan: Neben der Ersten ist mir der weitere
Wiederaufbau der Reserve wichtig. Wir wollen im ersten Schritt in die A-Klasse.
Ich sehe es als sehr wichtig an, das weiter zu forcieren, um Jugendspielern aus
dem eigenen Verein in den nächsten Jahren eine seriöse Perspektive zu bieten,
über diesen Umweg den Weg in den Kader der Bayernliga zu suchen. Viele der
Jungs aus der aktuellen U19 haben darauf Lust, das haben sie mir versichert. Die
Reserve ist auch für das Vereinsleben insgesamt eine Bereicherung. Es wird für
die neue Saison noch Neues im Jugendbereich geben. Unser Ziel und unsere Vision
ist es in einigen Jahren wieder mehrere Spieler der Ersten aus den eigenen Reihen
zu haben. Dafür arbeiten wir auf allen Ebenen.